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Handel(n) gegen Hunger: Wie muss sich die Agrarhandelspolitik verändern?
26.01.2007, Berlin
Die Handelspolitik ist in der Vergangenheit mitverantwortlich für die Ursachen des Hungers in der Welt gewesen. Mit der Neuausrichtung der Europäischen Agrarpolitik auf produktionsungebundene Beihilfen und dem weitestgehend zollfreien Marktzugang für Agrarprodukte aus Entwicklungsländern hat die EU bereits einen wichtigen Beitrag geleistet, damit das Recht auf Nahrung nicht durch den internationalen Agrarhandel beeinträchtigt wird. Dies ist ein Fazit der Podiumsdiskussion „Handel(n) gegen den Hunger? Europas Rolle im Welthandel von Agrarprodukten und Nahrungsmitteln“, die die Deutsche Welthungerhilfe gemeinsam mit der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) am 25. Januar 2007 auf der Internationalen Grünen Woche durchgeführt hat.
854 Mio. Menschen in der Welt leiden Hunger. Die Vereinten Nationen streben in ihren Millenniumszielen an, den Anteil der Hungernden in der Welt zwischen 1990 und 2015 zu halbieren. Während in Asien und Mittel-/ Südamerika bereits wichtige Fortschritte erreicht werden konnten, sind in Afrika Rückschläge zu verzeichnen. Die Ursachen für den Hunger liegen auch in mangelhaftem Zugang zu Nahrung und Produktionsmitteln und sind die Folge politischen Handelns.
Immer wieder wird auch die internationale Agrarhandelspolitik für die Ernährungssituation in den Entwicklungsländern verantwortlich gemacht. Gerade gegenüber den Entwicklungsländern hat die EU ihre Agrarmärkte aber bereits umfangreich geöffnet. „Die EU-Sonderregelung 'Alles außer Waffen' ermöglicht es diesen Ländern, ihre Waren zollfrei in die EU einzuführen“, so Dr. Theodor Seegers, Abteilungsleiter Agrarmärkte im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz. Deutschland habe diese Position der EU von Anfang an mitgetragen, genauso wie das europäische WTO-Verhandlungsangebot, die Ausfuhrerstattungen bis 2013 abzuschaffen, sofern dies auch die anderen Partner in der WTO tun.
Prof. Dr. Matthias Horst, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie, betonte, dass die Entwicklungsländer mit einem Importvolumen von 10 Mrd. € bereits heute wichtige Lieferanten für die Lebensmittelverarbeitung in Europa seien. Rund 40 % der gesamten Agrarexporte der Entwicklungsländer fließen in die Gemeinschaft. Das sei mehr, als die USA, Kanada, Japan, Australien und Neuseeland zusammen von dort bezögen.
„Wir müssen schneller zu Veränderungen kommen“, forderte Dr. Hans-Joachim Preuß, Generalsekretär der Deutschen Welthungerhilfe. Nur durch einen schnelleren Abbau der gegenwärtigen Handelsverzerrungen, bedingt durch subventionierte Exporte der Industrieländer, könnten die Kleinbauern in den Entwicklungsländern ihre Potenziale in Zukunft besser ausschöpfen. Handelspolitik greife längst bis in das letzte Dorf; auch Bauern in ländlichen Gegenden seien davon verstärkt direkt betroffen. Allerdings wies auch er auf notwendige Politikänderungen in den Entwicklungsländern hin, um die Millenniumsziele erreichen zu können.
„Wenn Bauern hungern, liegt das nicht an der Handelspolitik“, so Dr. Helmut Born, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes. Er verwies auf Naturkatastrophen und Kriege als häufige Ursache für Hunger. In Zukunft werde sich durch die steigenden Preise für Agrarrohstoffe am Weltmarkt die Situation der Bauern stark verändern. Die Versorgung der Bevölkerung werde sich verteuern und die Landwirtschaft in den Entwicklungsländern stehe damit vor großen Herausforderungen.
Alexander Baum, Generaldirektion Entwicklung der Europäischen Kommission, betonte die Chancen, die sich in der Landwirtschaft durch steigende Preise ergeben. Er gab aber auch zu bedenken, dass dies den Besitzern schlechter Böden in den Entwicklungsländern nicht zugute komme. An vielen Punkten müsste angesetzt werden, um beim Kampf gegen Hunger erfolgreich zu sein. Innenpolitische Stabilität gehöre ebenso dazu wie eine kohärente Politik der Industrieländer.
Die Teilnehmer der Diskusssionsrunde waren sich einig, dass es eines Schulterschlusses der Politik in den Entwicklungsländern, den Industrieländern und der Zusammenarbeit mit den Nicht-Regierungsorganisationen bedürfe, damit man echte Fortschritte bei der Bekämpfung des Hungers und der Armut in der Welt erzielen könne.
Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an:
BVE
Dr. Sabine Eichner Lisboa
Tel.: 030/200786-151
E-Mail:
seichner@bve-online.de
Deutsche Welthungerhilfe e.V.
Christina Scholten
Tel.: 0228/2288-123
E-Mail:
christina.scholten@dwhh.de