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Halbjahresbilanz 2022: Stark steigende Kosten belasten die Ernährungsindustrie
29.08.2022, Berlin
Berlin, 29. August 2022. Die deutsche Ernährungsindustrie erwirtschaftete im ersten Halbjahr 2022 einen Umsatz von 103,3 Milliarden Euro. Die Halbjahresbilanz gegenüber dem Vorjahr weist somit ein inflationsbedingtes Plus von knapp 16 Prozent auf. Preisbereinigt ergibt sich für den Vergleichszeitraum lediglich ein leichtes reales Umsatzplus von 0,8 Prozent. Wenngleich das mengenmäßige Umsatzwachstum überschaubar blieb, so erhöhte sich die Lebensmittelproduktion im ersten Halbjahr 2022 mit einem kalender- und saisonbereinigten Zuwachs von 7,6 Prozent.
Mit einem Anteil von knapp 67 Prozent am Gesamtumsatz bleibt der Inlandsmarkt weiterhin der Hauptabsatzmarkt der Branche. Im Vorjahresvergleich stieg der nominale Umsatz von Januar bis Juni 2022 um 17,1 Prozent. Stark begünstigt wurde diese Entwicklung durch eine deutliche Teuerung. Die Erzeugerpreise stiegen gegenüber dem Vorjahr um 14,4 Prozent. Für das Inland steht somit ein moderates reales Umsatzwachstum im Inland von plus 2,9 Prozent zu Buche.
Galt bisher der Export lange Zeit als Wachstumsmotor der Branche, so blieb dieser Impuls im ersten Halbjahr 2022 aus. Bei stark steigenden Ausfuhrpreisen von plus 18,2 Prozent verzeichnete die Branche im Export einen nominalen Zuwachs von plus 12 Prozent. Die exportierten Mengen waren jedoch rückläufig, preisbereinigt musste der Lebensmittelexport einen realen Verlust von minus 4,7 Prozent hinnehmen. Die Exportquote konnte nicht ausgebaut werden und Markterschließungen in chancenreichen Drittländern gerieten ins Stocken. Insgesamt wurden im ersten Halbjahr 2022 Lebensmittel im Wert von 34,8 Milliarden Euro exportiert.
"Die Kostensteigerungen, vor denen die Hersteller stehen, gefährden zunehmend die Betriebssicherung und damit auch Beschäftigung. Nachdem die Lieferkettenprobleme der Pandemie noch nicht gelöst waren, wurden die Lebensmittelhersteller durch den Ukrainekrieg mit noch gravierenderen Rohstoffengpässen bei Agrargütern, Energie und Verpackungen konfrontiert. Hinzu kommen zunehmende Regulierung, starker Wettbewerbsdruck, der Fachkräftemangel sowie generelle Planungsunsicherheiten aufgrund der geopolitischen Lage. Den Unternehmen muss unbürokratische und wirksame Unterstützung gewährt werden, auch um den Druck auf die Endverbraucherpreise abzumildern", sagt Stefanie Sabet, Geschäftsführerin der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE).
Dementsprechend zeigte sich im ersten Halbjahr 2022 eine deutlich gedämpfte Stimmungslage in der Branche. Der ifo-Geschäftsklimaindex blieb mit 92,3 Punkten im Durchschnitt deutlich unter der neutralen Marke von 100 Punkten. Bei den Geschäftserwartungen für die nächsten sechs Monate stand der Index im Durchschnitt bei nur 89,7 Punkten. Die Gründe für die mehrheitlich eingetrübten Konjunkturerwartungen sind der enorme Kostendruck, die unsicheren Aussichten bei der Energieversorgung, die überlasteten Lieferketten sowie die eingetrübten Exportaussichten.
Die eingetretenen Verkaufspreissteigerungen spiegeln bei Weitem nicht das eigentliche Ausmaß der Produktionskostensteigerungen in den Betrieben wider. An den Agrarrohstoffmärkten waren insbesondere zum Jahreswechsel weiter stark steigende Preise zu verzeichnen. Im ersten Halbjahr 2022 stieg der HWWI-Rohstoffindex für Nahrungs- und Genussmittel zum Vorjahresvergleich um beachtliche 56 Prozent. Die bereits stark gestiegene und weiter steigenden Strom- und Gaspreise bedeuten einen weiteren enormen Kostendruck für die Ernährungsindustrie und bringen sie an die Belastungsgrenze. Dadurch kann auch der Bedarf weiterer Preiserhöhungen in der zweiten Jahreshälfte nicht ausgeschlossen werden.
Beim Endverbraucher kommt die Kostenexplosion in der Lebensmittelproduktion bisher nur teilweise an. Die allgemeinen Verbraucherpreise stiegen im ersten Halbjahr 2022 um plus 6,7 Prozent, während allein die Lebensmittelpreise (Nahrung und alkoholfreie Getränke) um plus 7,6 Prozent zulegten. Das deutsche Preisniveau ist im EU-Vergleich weiterhin nur leicht überdurchschnittlich.
Die Ernährungsindustrie ist mit einem jährlichen Umsatz von 186 Mrd. Euro der fünftgrößte Industriezweig Deutschlands. Über 638.000 Beschäftigte in rund 6.150 Betrieben versorgen die Verbraucher mit hochwertigen und preiswerten Lebensmitteln. Dabei ist die Branche klein- und mittelständisch geprägt: 90 Prozent der Unternehmen der deutschen Ernährungsindustrie gehören dem Mittelstand an. Die Exportquote von rund 35 Prozent zeigt, dass Kunden auf der ganzen Welt die Qualität deutscher Lebensmittel schätzen.
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