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Ernährungsindustrie: Umsatz wächst real um 2,3%
Erfolg auf den Exportmärkten hält an
Verteuerung der Rohstoffe erfordert auch 2008 Anpassung der Lebensmittelpreise
Eröffnungspressekonferenz 16.01.2008, Grüne Woche Berlin
16.01.2008, Berlin
Die Ernährungsindustrie hat 2007 eine positive Entwicklung genommen. Trotz schwieriger Beschaffungs- und Wettbewerbssituation in Deutschland haben die Unternehmen den Gesamtumsatz nach BVE-Schätzungen auf 147,4 Mrd. € steigern können. Das bedeutet einen nominalen Zuwachs von 6,7% im Vergleich zum Vorjahr, real wuchs die Branche um 2,3%. Mit diesem Umsatz gehört die Ernährungsindustrie zu den Top 5 der deutschen Industriezweige und sorgt mit rd. 517.000 Beschäftigten für einen wichtigen Beitrag zum Sozialprodukt.
Exporte erreichten Höchststand
Der Inlandsumsatz entwickelte sich mit einem Plus von 4,7% auf 111,1 Mrd. €. Allerdings geht der größte Teil des Anstieges auf notwendige Preisanpassungen zurück. Im Ausland liefen die Geschäfte erneut gut: mit einem nominalen Zuwachs bei Export von schätzungsweise 13,1% werden mit Lebensmitteln im Ausland jetzt bereits 36,3 Mrd. € Umsatz erzielt. Die Exportquote hat mit 24,6% einen neuen Höchststand erreicht. „Dies ist ein deutlicher Beleg für die Qualität und die Attraktivität deutscher Lebensmittel weltweit“, erklärte Jürgen Abraham, Vorsitzender der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie zum Auftakt der Internationalen Grünen Woche 2008.
Lebensmittelversorgung wird weltweit zum Risikofaktor
Die Ernährungsindustrie blickt zu Jahresbeginn 2008 auf ein Geschäftsjahr zurück, in dem die Preisentwicklungen bei Lebensmitteln das dominierende Thema waren. Der dramatische Preisanstieg bei Agrargütern 2007 wird, darin sind sich die Prognosen aller Analysten einig, kein einmaliges Ereignis sein. Auch für 2008 ist ein genereller Preisanstieg zu erwarten, weil die Weltbevölkerung weiter wächst und immer größere Mengen an Lebensmitteln aufsaugt. Nach OECD-Angaben wird allein China bis 2016 die Hälfte der Weltproduktion von Ölsaaten abnehmen; die Getreidevorräte sinken bereits seit über 10 Jahren und reichen derzeit nur noch für eine Versorgungsdauer von 57 Tagen.
Begrenzte Anbauflächen, Klimaveränderungen mit der Folge schwankender Ernten und der verstärkte Einsatz von Agrarrohstoffen für die Energieerzeugung lassen weiter steigende Lebensmittelpreise erwarten. Das „Weltwirtschaftsforum Davos“ hat in diesen Tagen darauf aufmerksam gemacht, dass die Versorgung mit Lebensmitteln sich zu einem immer größeren, auch politischen Risiko entwickelt. Die dramatischen Konsequenzen in ärmeren Ländern dieser Welt sollten wir uns in Deutschland bewusst machen, wenn wir über den Anstieg der Lebensmittelpreise in unserem Land stöhnen.
Im Schnitt entfallen von den Konsumausgaben eines Haushalts in Deutschland lediglich 12% auf Nahrungsmittel. In der EU weist nur die Niederlande einen geringeren Wert auf. Vergleicht man dies mit den Ausgabenanteilen von rd. 70% in Ländern wie Bangladesh, Afghanistan oder Nigeria relativiert sich die Betroffenheit hierzulande.
Lebensmittelpreise in Deutschland immer noch günstig
Verbraucherpreise steigen im internationalen Vergleich nur moderat. Auch der Anstieg der Verbraucherpreise in Deutschland mit 3,1% erscheint im Verhältnis zu dem Preisanstieg für Lebensmittel z.B. in China mit 17,6% geradezu moderat. Selbst im Vergleich mit Großbritannien, das 2007 4,7% höhere Preise verzeichnete oder den USA mit 4,4% höheren Preisen steht Deutschland noch ausgesprochen gut da.
Berücksichtigt man das niedrige (Verbraucher-) Preisniveau für Lebensmittel in Deutschland, das im europaweiten Vergleich 6% günstiger ist als im EU-Durchschnitt, dann wird deutlich, dass die Hauptsorge der deutschen Ernährungsindustrie sich in diesen Wochen um die Frage dreht, wie Rohstoffe für die Lebensmittelproduktion zu angemessenen Preisen beschafft werden können.
Preistrend zeigt weiter nach oben
Die Unternehmen der Ernährungsindustrie werden bereits seit mehreren Jahren mit signifikant steigenden Preisen für Getreide, Ölsaaten und anderen landwirtschaftlichen Erzeugnissen, die für die Herstellung von Nahrungsmitteln erforderlich sind, konfrontiert. Die Preise für alle Getreidearten haben sich innerhalb von zwei Jahren mehr als verdoppelt. Im Sog steigender Getreidepreise sind auch die Preise für Futtermittel dramatisch gestiegen. Am Rapsmarkt stellt man sich nach einer enttäuschenden Ernte 2007 auf eine knappe Versorgung ein.
Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht absehbar. Der Preistrend für Agrarrohstoffe dürfte 2008 infolge der anhaltend wachsenden Nachfrage insgesamt nach oben zeigen. Sollte das Angebot durch schlechte Ernten zusätzlich verknappt werden, reichen oft schon wenige Prozente, um die Preise weiter stark steigen zu lassen. Auf stark volatile Preise müssen wir uns deshalb zukünftig einstellen.
Konkurrenz mit Energieerzeugern um Agrarrohstoffe
Ernährung ist ein Grundbedürfnis. Dementsprechend muss die Nahrungsmittelherstellung Vorrang haben, soweit es um die Verwendung agrarischer Erzeugnisse geht. Dies ist beim Ausbau der Bioenergie zu berücksichtigen. Hersteller von Biodiesel und Bioethanol konkurrieren mit der Ernährungsindustrie um die gleichen Rohstoffe. Vor dem Hintergrund der bestehenden Herausforderungen in punkto Energiesicherheit und Klimaschutz kommt den Erneuerbaren Energien, und damit auch der Bioenergie, eine wichtige Funktion zu. Aber auch hier ist Augenmaß erforderlich.
Aus diesem Grunde besteht bei der Novellierung des Biokraftstoffquotengesetzes Nachbesserungsbedarf. Der von der Bundesregierung vorgelegte Gesetzentwurf sieht für das Jahr 2020 eine Biokraftstoffquote in Höhe von 17% in Deutschland vor, ohne das sich heute verbindlich beurteilen lässt, ob die hierfür erforderlichen Voraussetzungen, wie z. B. die Entwicklung von Biokraftstoffen der so genannten zweiten Generation, erfüllt werden können; diese Unsicherheiten müssen im Gesetz Berücksichtigung finden.
Verbraucher müssen sich auf anhaltenden Preisanstieg einstellen
Die Unternehmen der Ernährungsindustrie haben den schwierigen Wettbewerbsbedingungen in Deutschland in den vergangenen Jahren durch vielfältige Rationalisierungs- und Restrukturierungsmaßnahmen Rechnung getragen. Sie sind daher nicht in der Lage, die gestiegenen Kosten für Rohstoffe, Energie und auch Verpackungen durch – weitere - Einsparungen an anderer Stelle zu kompensieren. Der anhaltende Druck auf die Herstellerpreise, verursacht durch einen immer stärker konzentrierten Lebensmittelhandel in Deutschland wird dafür sorgen, dass keine ungerechtfertigten Preisaufschläge entstehen. Dennoch, die Verbraucher müssen sich zukünftig auf steigende Lebensmittelpreise einstellen.
Ein Datenblatt "
Die deutsche Ernährungsindustrie im Überblick 2007" steht zum Download für Sie bereit.