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Gemeinsame Pressekonferenz von DBV, BVE und HDE anlässlich der Anuga am 16. Oktober 2007
Statement BVE
16.10.2007, Köln
„Gutes, teures Essen“
Deutsche Lebensmittelkette steht für Qualität und angemessene Preise
Rohstoffpreisentwicklung erfordert Preisanpassungen
Statement von Jürgen Abraham
Vorsitzender Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE)
Es gilt das gesprochene Wort!
Auf der Anuga 2007 präsentieren sich in diesen Tagen 6.607 Unternehmen der Ernährungswirtschaft aus der ganzen Welt. Diese internationale Leistungsschau ist ein Symbol der großartigen Vielfalt, der Flexibilität und Dynamik, die diese Branche auszeichnet.
Die deutsche Ernährungsindustrie ist ein wichtiger Partner im immer internationaler werdenden Geschäft mit Lebensmitteln. Als viertgrößter Exporteur bekleidet Deutschland nach den USA, den Niederlanden und Frankreich einen Spitzenplatz im Welthandel mit Agrarprodukten und Lebensmitteln. Aber unsere Branche ist auch offen für Produkte aus anderen Ländern: als zweitgrößter Importeur verarbeiten wir ausländische Rohstoffe in großem Umfang und deutsche Verbraucher genießen gerne Spezialitäten aus aller Welt. Die Anuga 2007 wird dazu beitragen, die internationale Verflechtung weiter voranzutreiben.
Die Leistungsfähigkeit der deutschen Ernährungsindustrie spiegelt sich derzeit vor allem in ihren dynamisch wachsenden Exporten wider. Mit zweistelligen Zuwachsraten und einem Exportvolumen von über 32 Mrd. Euro leistet die Branche den weitaus größten Beitrag zum sog. „Agrarexport“, der 2006 38 Mrd. Euro erreichte.
Diese beeindruckende Leistung ist das Ergebnis einer Qualitäts- und Preisführerschaft, die sich deutsche Unternehmen in der engen Zusammenarbeit mit ihren Partnern in der Agrarwirtschaft und im Lebensmittelhandel über viele Jahre erarbeitet haben. Nur wer im Inland fest mit beiden Füßen im Markt verankert ist, der kann auch im Ausland bestehen!
Der intensive Wettbewerb in unserem deutschen Markt hat dafür gesorgt, dass die Produktionsprozesse und die Logistik in der Ernährungsindustrie hocheffizient organisiert sind. Die hohe Sensibilität der Öffentlichkeit in Lebensmittelthemen hat auf der anderen Seite dazu geführt, dass die ohnehin schon großen Anstrengungen für die Sicherheit und die Qualität der deutschen Lebensmittel kontinuierlich weiterentwickelt werden und der Branche international einen Spitzenplatz beschert haben. „Made in Germany“ ist ein Markenzeichen auf den Lebensmittelmärkten der Welt. Ausländische Kunden wissen um diese Fakten und deshalb hält der Erfolg der deutschen Ernährungsindustrie international so nachhaltig an. Gepaart mit Zuverlässigkeit, Liefertreue und Preiswürdigkeit bieten wir ein Gesamtpaket an Leistung, das seinesgleichen international sucht. Dies müssen wir auch dem deutschen Verbraucher, der Öffentlichkeit insgesamt noch deutlicher machen und deshalb sprechen wir hier heute zu Ihnen.
Der intensive Wettbewerb auf Industrie- und Handelsstufe hat für die deutschen Verbraucher zu dem bemerkenswerten Ergebnis geführt, dass die Preise in unserem Land auf einem der niedrigsten Niveaus in Europa sind. Im europaweiten Vergleich sind Lebensmittel in Deutschland um 6% günstiger als im EU-27-Vergleich. Nur in Polen, Tschechien, den Niederlanden, Portugal, Spanien und Griechenland sind die Preise niedriger.
Über viele Jahre haben Lebensmittel die Inflationsrate in Deutschland gedämpft. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes ist der Verbraucherpreisindex von 1992 bis 2007 um 33% angestiegen ist, der Nahrungsmittelindex stieg im gleichen Zeitraum nur um 14%.
In den letzten Wochen hat sich die deutsche Öffentlichkeit dennoch in geradezu panikartiger Weise mit dem Anstieg der Lebensmittelpreise beschäftigt. Eine solche Panikstimmung ist nicht gerechtfertigt.
Die Preise für Lebensmittel in Deutschland haben sich seit vielen Jahren unterdurchschnittlich entwickelt. Die gegenwärtigen Preisanpassungen tragen bisher nur dazu bei, diesen Abstand zu verringern.
Beim Verbraucher kamen bis August 2007 Preiserhöhungen bei Nahrungsmitteln und alkoholfreien Getränken in Höhe von 2,4% im Vergleich zum Vorjahreszeitraum an. Der Preisindex für die allgemeine Lebenshaltung hat sich im gleichen Zeitraum um 1,9% erhöht. Die Preisentwicklung in Deutschland ist damit weiter auf stabilem Niveau. In einigen Produktbereichen kam es in den letzten Wochen zu Sonderentwicklungen – während Milchprodukte deutlich anzogen, gingen die Preise bei Gemüse im Vergleich zurück. Insgesamt hat sich der Preistrend bei Lebensmitteln jedoch nur der allgemeinen Entwicklung angepasst.
Es besteht also kein Grund für die Annahme, die Lebensmittelwirtschaft würde die gegenwärtig angespannte Rohstoffsituation dazu nutzen, die Preise für die Verbraucher über Gebühr zu erhöhen.
Allerdings muss man deutlich darauf hinweisen, dass die Fakten eine weitere Anpassung der Lebensmittelpreise auch im nächsten Jahr erfordern. Warum?
Die Preiserhöhungen gehen auf eine völlig veränderte Situation auf den Rohstoffmärkten aufgrund stark steigender Nachfrage nach hochwertigen Lebensmitteln, auf veränderte agrarpolitische Rahmenbedingungen und national nicht steuerbare externe Einflussfaktoren wie Klima oder Ernteausfälle zurück. Auch die Nutzung landwirtschaftlicher Flächen für den Anbau von Energiepflanzen hat Einfluss auf die Preise für Lebensmittelrohstoffe.
Die Preise für wichtige Rohstoffe zur Lebensmittelerzeugung haben sich extrem erhöht. Die Getreidepreise haben sich in den letzten zwölf Monaten nahezu verdoppelt. Eine derartige Getreidepreiserhöhung ist im EU-Binnenmarkt in den letzten 40 Jahren einmalig. Hohe Getreidepreise belasten auch die Fleischindustrie, weil die Futtermittelkosten einen wesentlichen Anteil an den gesamten Erzeugerkosten ausmachen. Beispielsweise sind die Futterkosten für Geflügel, die etwa 60% der Erzeugungskosten ausmachen, im Vergleich zum Vorjahr um fast 100% gestiegen.
Ein anderer wichtiger Rohstoff für viele Branchen der Ernährungsindustrie, z.B. die Feinkost- und Süßwarenindustrie sind die Speiseöle. Der Preis für Speiseöl hat sich in den letzten 18 Monaten um 30% verteuert.
In der Brauwirtschaft belasten hohe Hopfen- und Malzpreise das Geschäft. Der Hopfenpreis verdoppelte sich in den letzten zwölf Monaten, Braumalz ist heute 84% teurer als vor einem Jahr.
Aber nicht nur Rohstoffe, sondern auch Energiekosten und Verpackungsmaterialien sowie Transportkosten haben sich deutlich verteuert. Die Energiekosten sind zu Jahrsbeginn für die Unternehmen je nach Anbieter um 5 bis 20% gestiegen. Die Preise für Glasverpackungen und Metalldeckel haben um 15 bis 20% seit Jahresbeginn angezogen, Bleckverpackungen sind um 5 bis 8% teurer geworden und Kartonverpackungen um 10%, meldet die Obst- und Gemüseverarbeitende Industrie.
In dieser Situation sind die Hersteller nicht in der Lage die gestiegenen Kosten durch Einsparungen an anderer Stelle zu kompensieren. Dem Verbraucher müssen wir deutlich machen, dass Preiserhöhungen unvermeidlich sind.
Lebensmittelpreise unterliegen wie alle anderen Produkte auch Schwankungen. Das ist die Normalität in einer Marktwirtschaft. Dabei kann der Trend nicht immer nach unten zeigen. In der Zukunft werden wir immer wieder mit steigenden Rohstoffpreisen konfrontiert werden. Die EU-Kommission geht davon aus, dass bis 2014 die Preise für Agrarerzeugnisse um durchschnittlich 21% ansteigen werden. Das stetige Anwachsen der Weltbevölkerung von heute 6,6 Mrd. Menschen auf 9,3 Mrd. in 2050 und die steigende Kaufkraft in Schwellenländern wie China und Indien wird dazu beitragen, dass Lebensmittel in Zukunft noch knapper werden.
Für den deutschen Verbraucher bleibt aber die gute Nachricht, dass Lebensmittelausgaben einen Anteil von heute nur rd. 12% an seinen Gesamtausgaben ausmachen. Steigerungen bei einzelnen Rohstoffen machen letztendlich Cent-Beträge beim Verbraucherendprodukt aus. So hat eine rohstoffbedingte Preiserhöhung bei Nudeln von 10 Cent pro Pfund beispielsweise eine Verteuerung der Nudelportion um nur 2 Cent für den Verbraucher zur Folge.
Wir sollten also bei allem Unmut über steigende Preise Verständnis für die Relationen wahren. Knappheiten und steigende Preise bieten im Übrigen eine gute Gelegenheit sich der Wertstellung von Nahrungsmitteln und Getränken in unserem Alltag wieder bewusster zu werden. Ein gutes Essen sollte es uns wert sein!
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Statement DBV.
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Statement HDE.
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Datenblatt „Lebensmittelkette – Übersicht“.