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Ernährungsindustrie konkurriert mit Energieerzeugern um Lebensmittelrohstoffe
09.05.2007, Berlin
Der sichere Rohstoffbezug zu vertretbaren Preisen ist für die Unternehmen der Nahrungsmittel- und Getränkeindustrie auch vor dem Hintergrund einer zunehmenden Nutzungskonkurrenz mit den Erzeugern von Bioenergie von hoher Bedeutung. Zur Gewinnung von Bioenergie werden vor allem landwirtschaftliche Rohstoffe, wie z. B. Raps, Getreide und Zuckerrüben, eingesetzt.
Verstärkt wird diese Nutzungskonkurrenz durch die Weichenstellungen der Politik. Die EU-Kommission beabsichtigt unter anderem eine Festschreibung, wonach der Anteil von Biokraftstoffen bis 2020 am gesamten verkehrsbedingten Benzin- und Dieselverbrauch in der EU 10 % betragen soll. Nach einer Studie, die von der Bundesregierung in Auftrag gegeben wurde, kann in Deutsch-land im gleichen Zeitraum sogar eine Erhöhung des Biokraftstoffanteils auf 17% erreicht werden.
Die Ernährungsindustrie begrüßt prinzipiell den Ausbau erneuerbarer Energien. Angesichts der aktuellen Energie- und Klimaproblematik mit einhergehenden hohen Preisen für Strom und Gas sowie der begrenzten Verfügbarkeit fossiler Energieträger ist es wichtig, alternative, kostengünstige Energiequellen zu erschließen. Der verstärkte Ausbau CO2-neutraler Energiequellen ist zu unterstützen, um damit einen wirksamen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.
Die gleichzeitige Sicherstellung der zukünftigen Verfügbarkeit von Rohstoffen in ausreichender Menge und zu akzeptablen Preisen für die Lebensmittelerzeugung ist dabei allerdings von existentieller Bedeutung für die Ernährungsindustrie. Je nach Be- und Weiterbearbeitungsgrad, stellen die Rohstoffkosten einen wesentlichen Anteil an den gesamten Produktionskosten dar. In der Vergangenheit sind die Preise für verschiedene Rohstoffe, wie beispielsweise Rapsöl, Getreide und Stärke, aufgrund verschiedener Ursachen signifikant gestiegen.
Die BVE fordert daher, bei der Förderung und dem Ausbau von Bioenergien auf die Nutzungskonkurrenz zwischen energetischer Nutzung und Ernährung zu achten.
In diesem Kontext ist auch von Bedeutung, dass Drittlandimporte aufgrund der GVO-(Gentechnisch-veränderte Organismen) Problematik und international zurückgehender Beschaffungsquellen für verschiedene Rohstoffe der Ernährungsindustrie keine Alternative bieten. Der EU-Ursprung ist für entsprechende Rohstoffe, beispielsweise Mais und Rapsöl, daher unabdingbar, so-lange gentechnisch veränderte Lebensmittel vom Verbraucher nicht akzeptiert werden.
Um Wettbewerbsverzerrungen und Beeinträchtigungen der heimischen Nah-rungsmittelproduktion zu vermeiden, dürfen Bioenergien von staatlicher Seite deshalb nicht unangemessen gefördert werden. Diese neuen Energien müssen sich, wie andere Güter und Dienstleistungen auch, aus eigener Kraft auf dem Markt durchsetzen. Hinsichtlich der Festsetzung EU-weiter und national verpflichtender Ziele im Bereich der Bioenergie verlangt die Ernährungsindustrie, dass in den politischen Rahmenregelungen flexible Mechanismen vorgesehen werden, die es ermöglichen, im Fall von ernsthaften Engpässen in der Rohstoffversorgung für die Lebensmittelherstellung, adäquat reagieren zu können.
Sofern dies nicht sichergestellt werden kann, wird es unumgänglich sein, steigende Rohstoffkosten in den Abgabepreisen der Nahrungsmittel über den Handel an die Verbraucher weiter zu geben.
Praktikable Ansätze, die Situation an den Rohstoffmärkten zu entspannen, sieht die Ernährungsindustrie in der Beseitigung der Flächenstilllegung und der Auflösung von Interventionsbeständen. Eine weitere Option ist die inten-sive Entwicklung von so genannten Biokraftstoffen der zweiten Generation, die eine Nutzungsdifferenzierung zwischen Bioenergie und Nahrungsmitteln ermöglichen können, sowie die Nutzung von Agrarstoffen, die das Angebot von Biomasse erweitern.