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Ernährungsindustrie: Gewinner der Corona-Krise?
14.05.2020
Essen ist ein Grundbedürfnis. So banal dieser Satz erscheint, so sehr rückte die Versorgung mit Lebensmitteln innerhalb der letzten Monate in den Fokus der Aufmerksamkeit. Waren es die meisten Menschen gewohnt, die gewünschten Produkte problemlos im Supermarkt vorzufinden, wurden leere Regale in den Läden schnell zum Symbol der Corona-Pandemie. Unsicherheiten und Sorgen führten zu Hamsterkäufen. Während andere Branchen ihre Produktion vorübergehend einstellen mussten, erlebte die Ernährungsindustrie eine erhöhte Nachfrage. Die Lebensmittelbranche scheint krisensicher – gegessen wird schließlich immer – und von der aktuellen Lage sogar zu profitieren. Doch stimmt das?
Gestiegene Nachfrage
Die erhöhte Nachfrage führte kurzfristig zu mehr Umsätzen bei einigen Produktgruppen. Mehl – eines der besonders stark nachgefragten Lebensmitteln – wurde zum Beispiel Mitte März rund doppelt so oft gekauft wie sonst in diesem Zeitraum. Allerdings steigt nicht auch automatisch der Verbrauch. Stattdessen ist davon auszugehen, dass die Umsätze im Verlauf des Jahres aufgrund der gefüllten Privatvorräte sinken.
Die genaue Betrachtung des Beispiels Mehl zeigt außerdem: So viel mehr wurde gar nicht verkauft. Laut dem Verband der Getreide-, Mühlen- und Stärkewirtschaft VGMS e.V. melden die Unternehmen für März 2020 ein Plus bei der Produktionsleistung von (nur) rund sechs Prozent. Dieser niedrige Wert kommt daher, dass nur fünf Prozent der produzierten Menge überhaupt an Privathaushalte geht, 95 Prozent der Produktion hingegen an Großverbraucher wie zum Beispiel die Gastronomie. Durch den Ausfall des Außer-Haus-Markts oder der Kantinen gehen die Unternehmen daher trotz der gesteigerten Mengen für Privathauhalte nicht von einer positiven Umsatzentwicklung aus.
Außer-Haus-Markt
Gleichzeitig gibt es auch Unternehmen, deren Einnahmen größtenteils weggebrochen sind. Generell ist für die deutsche Ernährungsindustrie der Außer-Haus-Markt der zweitwichtigste Absatzkanal nach dem Lebensmitteleinzelhandel. Durch die Schließung der Restaurants und Gaststätten sowie der Kantinen und Mensen ist nicht nur für das Gastgewerbe der Umsatz vollständig ausgeblieben oder eingebrochen, sondern teilweise auch für die Unternehmen der Ernährungsindustrie. Unternehmen, die sich auf diesen Markt spezialisiert haben, haben mitunter 80 Prozent des Geschäftes von heute auf morgen verloren.
Gestiegene Kosten
Die Versorgung mit Lebensmitteln in Deutschland ist gesichert. Lebensmittel stellen sich jedoch nicht von selbst her, sondern es bedarf entlang der gesamten Wertschöpfungskette Menschen, die die Lebensmittel anbauen, ernten, abholen, verarbeiten, verpacken, liefern und verkaufen. Der Schutz dieser Menschen hat oberste Priorität. In der Corona-Pandemie bedeutete dies erhöhte Ausgaben für Hygiene- und Sicherheitsmaßnahmen. Darüber hinaus steigen die Kosten für Krankheitsausfälle und IT-Lösungen, um zumindest für einen Teil der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Arbeit im Homeoffice ermöglichen zu können. Hinzukommen erschwerte Handelsbedingungen, die sowohl den Import als auch den Export betreffen.
Fazit
Die deutsche Ernährungsindustrie als Ganzes ist sicher kein Verlierer der Krise, aber sie gehört auch nicht zu den Gewinnern. Doch ganz gleich, ob Gewinner oder Verlierer: Durch das persönliche Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – auf allen Ebenen – ist die Versorgung mit Lebensmitteln (der Nachschub fürs Regal) gesichert worden.