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Kooperation mit den Tafeln: „Eine Situation mit mehreren Gewinnern“
12.05.2020
Leere Regale im Supermarkt, geschlossene Restaurants und kein Essen in Kantinen oder Mensen - die Corona-Pandemie verändert jegliche Bereiche des Lebens und der Ernährung. Unternehmen, die ihre Lebensmittel nicht primär für den Einzelhandel herstellen, stehen vor großen Herausforderungen, da sie momentan keine Abnehmer für die Ware finden. Doch wohin mit Produkten, die nicht mehr verkäuflich sind? Burkhard Ruhe, Sortimentsmanagement bei der apetito AG, spricht im Interview über die langjährige Zusammenarbeit von apetito mit den Tafeln in Deutschland. Für ihn steht fest: Diese Kooperation ist „eine Situation mit mehreren Gewinnern“.
BVE: Die Bilder der Hamsterkäufe lassen den Eindruck entstehen, dass alle Unternehmen der Ernährungsindustrie ihre Produkte während der Corona-Krise im Eiltempo verkaufen. Wie ist die Situation bei apetito als Food Service Unternehmen?
Burkhard Ruhe: Die Corona-Pandemie trifft apetito sehr unterschiedlich. Die stärksten Auswirkungen spüren wir im Bereich Gemeinschaftsverpflegung. Aufgrund geschlossener Kantinen, Kitas und Schulmensen sind die Lieferaktivitäten stark eingeschränkt. Dagegen steigt die Nachfrage nach tiefgekühlten Produkten im Lebensmitteleinzelhandel. Hier kam es kurzfristig zu Vorratshaltungen, denn in Zeiten von Homeoffice und Home-Schooling schätzen die Verbraucher die Vorteile von Convenience-Produkten.
BVE: Viele Menschen sind – vielleicht auch gerade jetzt durch die Krise – auf die Arbeit der Tafeln angewiesen. Inwieweit gibt es da Kooperationen mit Ihnen? Inwiefern haben Sie auch schon vor der Pandemie Lebensmittel an die Tafeln gespendet?
Burkhard Ruhe: apetito unterstützt die Tafeln schon seit Jahren mit Lebensmitteln. Vorrangig gehen die Lebensmittelspenden an die Einrichtungen in der weiteren Region rund um den Unternehmensstandort in NRW. Dieses Engagement setzen wir auch in Zeiten von Corona fort. Wir spenden jährlich rund 135.000 Portionen an diese gemeinnützigen Organisationen – allesamt hochwertige Waren, die aus unterschiedlichen Gründen nicht verkäuflich sind. Zudem unterstützen wir regional ähnliche Einrichtungen wie Suppenküchen. Diese haben sich umorganisiert und bieten ihr Angebot für Bedürftige derzeit als Außer-Haus-Service an.
BVE: Großspenden können zum Beispiel aufgrund begrenzter Lagermöglichkeiten bei den Tafeln zu logistischen Problemen führen. Wie meistern Sie solche Herausforderungen?
Burkhard Ruhe: Die Organisation und Verteilung führen wir von der apetito Zentrale in Rheine aus. Unsere Mitarbeiter schätzen es, dass sie unterstützen und die Überhang-Ware sinnvoll einsetzen können. Vieles wird von den regionalen Tafeln abgeholt, manches liefern wir bundesweit in dezentrale Zwischenlager, um wiederum ortsansässige Tafeln zu unterstützen. Das läuft in guter Zusammenarbeit mit den Tafeln, da natürlich auch bei apetito die Lagermöglichkeiten begrenzt sind.
BVE: Wie beurteilen Sie die Zusammenarbeit mit den Tafeln insgesamt? Was sind Ihre Ratschläge an andere Unternehmen der Ernährungsindustrie?
Burkhard Ruhe: Die Zusammenarbeit zwischen apetito und den Tafeln ist seit Jahrzehnten gewachsen. Wir sehen in dieser Partnerschaft eine gemeinsame gesellschaftliche Aufgabe, nämlich dabei zu helfen, notleidende Menschen mit Nahrungsmitteln zu versorgen und so soziale Not zu lindern. So entsteht eine Situation mit mehreren Gewinnern: Bedürftige erhalten gute Lebensmittel für wenig Geld. Ressourcen- und arbeitsintensiv produzierte Lebensmittel werden sinnvoll verwendet, anstatt vernichtet zu werden. So profitiert auch die Umwelt.
Mein Tipp: Wenn Sie qualitativ gute Ware haben, die aber nicht zu vermarkten ist, wenden Sie sich an die „Tafel Deutschland e.V.“. Die Mitarbeiter in der Geschäftsstelle werden eine solche Spende aufnehmen und alles Weitere mit Ihnen direkt besprechen.
BVE: Vielen Dank für das Interview!