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Wer macht die Lebensmittelpreise?
21.09.2020
Die Preise für Lebensmittel in Deutschland liegen über dem EU-Durchschnitt – sind sie trotzdem noch zu günstig? Zuletzt sorgten PENNY und die Universität Augsburg mit ihrer Aktion rund um die „wahren Kosten“ von Lebensmitteln für Aufsehen. Sie legten ihr Augenmerk auf die Folgekosten der Umweltauswirkungen. Doch wie kommen die gewöhnlichen Lebensmittelpreise überhaupt zu Stande? Die kurze Antwort lautet wenig überraschend: durch Angebot und Nachfrage. Doch was bedeutet dies für die Lebensmittelpreise konkret?
Preiskalkulation: Wer bestimmt den Preis im Supermarkt?
Zunächst kalkulieren die Unternehmen der Ernährungsindustrie den Preis für ihre Produkte. In diese Kalkulation fließen Rohstoffkosten, der hohe Wettbewerbsdruck gegenüber anderen Herstellern, Energiekosten und Lohnkosten aber natürlich auch die Menge, Technologie und Gewinnmarge ein. Vor allem die Rohstoffkosten sind dabei – schon allein witterungsbedingt – großen Schwankungen unterworfen. In den Einkaufsverhandlungen mit dem Lebensmitteleinzelhandel verhandeln die Hersteller ihren Verkaufspreis. Dieser Verkaufspreis entspricht jedoch nicht dem Preis, den der Verbraucher an der Ladentheke entrichtet, denn hierüber entscheidet der Lebensmitteleinzelhandel entsprechend seiner Gewinn- und Kostenkalkulation sowie der Zahlungsbereitschaft der Kunden. Dadurch entscheidet das Kaufverhalten der Verbraucher mit über den Lebensmittelpreis. Sind die Kunden dazu bereit, mehr Geld für Geschmack, Tierwohl, Nährwertsfaktoren oder Nachhaltigkeitsaspekte auszugeben, können sich Produkte mit höheren Kosten und Preisen durchsetzen. Damit Lebensmittel jedoch auch nicht zu billig angeboten werden, hat der Gesetzgeber den Verkauf zu einem günstigeren Preis als dem Einkaufspreis (Einstandspreis) untersagt.
Preisanpassungen: Warum schwanken Lebensmittelpreise unterschiedlich?
Bis ein Lebensmittel im Supermarkt ausgepreist werden kann, müssen auf allen vorgelagerten Erzeuger- und Verarbeitungsstufen Preisverhandlungen entsprechend der jeweiligen Kostenentwicklung geführt werden. Hier stehen viele tausende Unternehmen in ständigen Verhandlungen miteinander. Die vereinbarten Preise sind häufig mehrere Monate vertraglich bindend. Am Ende der Lieferkette verhandeln die tausenden Zulieferer mit fünf Großunternehmen im Einzelhandel, die einen Umsatzanteil von 75 Prozent am Lebensmittelmarkt haben. Steigen die Produktionskosten wesentlich, können Preisanpassungen notwendig werden, damit die Lebensmittelproduktion ertragreich bleibt. Durch die Verhandlungsstärke und Nachfragemacht des Handels gegenüber den Zulieferern, der Industrie und den Landwirten, werden Preisanpassungen aufgrund steigender Produktionskosten jedoch erschwert. Produktionskostenbedingte Verbraucherpreissteigerungen setzen sich dadurch häufig erst mittelfristig durch.
Der Weltmarkt
Ein weiterer Faktor ist der Weltmarkt, an dem Lebensmittel und Agrarrohstoffe heute gehandelt werden. Die global steigende Nachfrage nach Lebensmitteln und Agrarrohstoffen bestimmt damit auch den Markt in Deutschland mit. Erntebedingte Preisschwankungen oder Handelsbarrieren sorgen in Teilbranchen immer wieder für zusätzliche Anspannungen an den Agrarrohstoffmärkten, die sich sowohl bei der bereits erwähnten Kalkulation der Preise vonseiten der Industrie als auch im Lebensmitteleinzelhandel bemerkbar machen. Gleichzeitig sorgt aber auch die Nachfrage nach deutschen Lebensmitteln im Ausland dafür, dass Unternehmen mehr und effizienter produzieren und dadurch zu einem günstigeren Preis anbieten können.
Angebot und Nachfrage
Die Preise für Lebensmittel können daher nicht einfach von der einen oder anderen Seite ohne Rücksicht auf die Marktbedingungen festgelegt werden, sondern stehen unter dem Einfluss mehrerer Faktoren, die sich wiederum gegenseitig beeinflussen. Die zunehmende Zahlungsbereitschaft der Verbraucher für qualitativ hochwertige Lebensmittel bietet der Branche neue Wertschöpfungs- und Nachhaltigkeitspotenziale. Denn klar ist: Die Minimierung der Umweltauswirkungen und eine nachhaltigere Lebensmittelproduktion ist teurer. Gleichzeitig muss bei der Preisgestaltung die Entwicklung weltweit betrachtet werden sowie Saison, Wetter oder sogar außergewöhnliche Krisen wie die Corona-Pandemie. Nichtsdestoweniger haben es die Verbraucher an der Ladentheke in der Hand, durch ihre Nachfrage das Angebot mitzubestimmen