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Veganer Lachs aus dem 3D-Drucker
06.01.2022
Die Deutschen lieben Lachs. Sind sie auch bereit für pflanzliche Nachbildungen? Das Wiener Start-up Revo Foods ist davon überzeugt und hat sich auf vegane Fisch-Alternativen spezialisiert. Mit einem Lebensmitteldrucker wird die typische Textur nachgebildet. Die Tinte besteht, wie viele Fleischalternativen auch, aus Erbsenprotein. Dazu kommen unter anderem Zitrusfasern, pflanzliche Öle und Algenextrakte. Mittlerweile ist der Räucherlachs in Deutschland, Österreich, Spanien, und Dänemark erhältlich. Wir haben mit dem Gründer und promovierten Biotechnologen Dr. Robin Simsa gesprochen. Er sieht im 3D-Lebensmitteldruck die spannendste Lebensmitteltechnologie des 21. Jahrhunderts.
Der Trend zu Fischersatzprodukten nimmt gerade erst Fahrt auf. Wie kamen Sie auf die Idee, Lachs aus dem 3D-Drucker herzustellen?
Robin Simsa: Ich hatte mich schon vorher während meiner Doktorarbeit intensiv mit Fleischalternativen aus tierischen Zellen („Cultured Meat“) auseinandergesetzt. Der Markt für pflanzliche Fleischalternativen wächst rasant, im Fisch-Bereich gibt es jedoch immer noch sehr wenige Produkte. Lachs ist der meistgegessene Fisch auf der Welt, hat jedoch riesige Nachhaltigkeitsprobleme in der Herstellung. Das muss doch besser gehen, dachten wir uns, und gründeten Revo Foods mit dem Ziel, Lachs so naturgetreu wie möglich wiederzugeben. Für uns war klar, dass die komplexen Strukturen von Lachs und anderen Fischen mit herkömmlicher Technologie nicht hergestellt werden können. Mit dem 3D-Druck ist es jedoch möglich, die Mikrostruktur von Muskelfasern erstmals haargenau wiederzugeben, wodurch unsere Produkte auch ein völlig neues Geschmackserlebnis bieten im Vergleich zu allen bisherigen Produkten am Markt.
Aus welchen Zutaten besteht die „Lachs-Druckertinte“? Wie ist der Nährwert im Vergleich zum tierischem Vorbild?
Robin Simsa: Die Hauptzutaten sind Erbsenproteine, pflanzliche Öle und Algenextrakte. Dadurch können wir auch einen hohen Nährwert erzielen. Unser Lachs enthält etwa sogar mehr Omega-3 Fettsäuren als die meisten Lachse aus Aquakultur. Wir geben auch Vitamine und Mikronährstoffe hinzu, etwa Vitamin B12, welches besonders für vegetarische und vegane Ernährungsformen empfohlen wird.
Lachsfleisch hat eine spezielle Textur und einen typischen Geschmack. Wie haben Sie es geschafft, die verschiedenen Parameter nachzuahmen?
Dr. Robin Simsa: Die Entwicklungsarbeit war und ist eines der Herzstücke bei Revo Foods, und wir benötigten beinahe zwei Jahre, um das erste realistische Lachsfleisch zu entwickeln. Dabei setzen wir bei unserer R&D besonderen Fokus auf den Geschmack und die Textur, welche für Konsumenten mit Abstand die wichtigsten Kriterien sind. Wir beschäftigen mehr als zehn ausgezeichnete Techniker und Forscher, die sich tagein tagaus nur mit der Frage beschäftigen: Wie kann unser Lachs noch besser schmecken und noch mehr Nährwert bieten? Durch diesen starken Fokus auf R&D ist es uns gelungen, so ein überzeugendes Produkt zu kreieren.
Wie zufrieden sind Sie mit dem jetzigen Stand und wo sehen Sie noch Entwicklungspotenzial?
Robin Simsa: Bislang erhalten wir überragendes Feedback von KonsumentInnen in Deutschland, Österreich, Spanien und Dänemark (unsere bisherigen Verkaufsstandorte). Sie sind von unserem Produkt begeistert. Tatsächlich waren wir bei unserem Marktstart sogar über zwei Wochen hinweg ausverkauft. Wir wollen uns aber natürlich noch weiter verbessern und freuen uns schon auf neue Produkte, welche wir im Frühjahr herausbringen werden: eine Alternative zu Thunfisch-, und Lachs-Aufstrichen. Dabei handelt es sich sogar um den ersten veganen Räucherlachs-Aufstrich der Welt, eine absolute Innovation also!
Wie lange dauert es aktuell, eine Scheibe Räucherlachs zu drucken?
Dr. Robin Simsa: Das ist abhängig von der Größe und der Form, aber wir können etwa 12 Kilogramm pro Stunde produzieren, wenn wir eine simple Form verwenden.
An welche Zielgruppe richtet sich Revo Foods?
Robin Simsa: An alle Menschen, welche den Geschmack von frischem Fisch lieben, aber eine nachhaltigere Alternative bevorzugen, die ohne Überfischung und Antibiotika erzeugt wird.
Mit Ihrem veganen Räucherlachs sind Sie bereits in vier Ländern vertreten. Was sind die nächsten Ziele?
Dr. Robin Simsa: Unsere Produkte gibt es aktuell in Deutschland, Österreich, Spanien, und Dänemark. In Deutschland ist unser Räucherlachs seit Dezember 2021 bei Rewe Süd, vor allem im Großraum München, erhältlich. Unseren Expansionskurs setzen wir weiter fort. Bis Mitte 2022 wollen wir noch deutlich mehr Märkte erreichen und auch schon erste Verkäufe außerhalb der EU erzielen. Außerdem wollen wir unsere Technologie weiterentwickeln, um möglichst bald pflanzliches Lachs-, und Thunfisch-Sashimi anzubieten.
Welches Potenzial sehen Sie für den 3D-Lebensmitteldruck generell?
Robin Simsa: Das Potential des 3D-Lebensmitteldruck ist riesig. Es erlaubt eine flexible Produktion und Adaption der Produkte. Während bei herkömmlicher Produktion oft wochenlang Änderungen in der Produktion eingeplant werden müssen, müssen wir nur ein Stück Code ändern. Außerdem gibt es in Zukunft die Möglichkeit, eine „personalized nutrition“ anzubieten, also eine auf den individuellen Konsumenten abgestimmte Nährstoffzusammensetzung. All diese Punkte machen für uns den 3D-Lebensmitteldruck zur spannendsten Lebensmitteltechnologie des 21. Jahrhunderts. Wir sind überzeugt, dass ein großer Anteil an Lebensmitteln in den kommenden 20 bis 30 Jahren mit dieser Technologie produziert wird.
Vielen Dank für das Interview!