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10 Alternativen für Plastik-Verpackungen
15.07.2021
Viele Lebensmittel müssen verpackt werden. Folien, Schalen und Boxen schützen vor Keimen und äußeren Einflüssen und halten die Produkte länger frisch. Doch zu viel Plastik-Müll schadet der Umwelt, den Meeren und am Ende auch uns. Ökologisch unbedenklicher Plastik-Ersatz ist noch wenig verbreitet und oft kostspielig. Aber nicht unmöglich, wie immer mehr Unternehmen beweisen. Wir stellen im Folgenden zehn nachhaltige Alternativen zu Kunststoff-Verpackungen vor – von der Alge bis zum Popcorn.
Take-Away im Palmenblatt
Während ihres Auslandssemesters in Indien ließen sich zwei Kommunikationsdesignerinnen von den traditionellen Verpackungen des Landes inspirieren: Palmenblätter. So entstand die Idee für ihr Start-up Arekapak. Die Blätter der Arekapalme bleiben beim Ernten der Betelnuss als Abfallprodukt übrig. Sie werden gesammelt, in Wasser eingeweicht, in der Sonne getrocknet und anschließend in Form gepresst. Die so entstehenden Verpackungen sind stabil, wasserabweisend und vollständig kompostierbar. Zudem sind sie besonders hitze- und kältebeständig und daher für Take-Away-Produkte oder als Verpackungsalternative für Tiefkühlprodukten geeignet (siehe Bild oben).
Tomaten verpackt in Tomatenpflanzen
Nicht weniger als den Weltmarkt möchte das Hamburger Start-up Bio-Lutions erobern. Das Unternehmen hat eine patentierte Technologie entwickelt, mit der Verpackungen und Einweggeschirr aus einer Vielzahl von landwirtschaftlichen Reststoffen hergestellt werden können – ganz ohne synthetische Stoffe und Bindemittel. Dafür werden die Pflanzenteile fein zermahlen. Mit Zugabe von Wasser lagern sich die Fasern wie bei einem Klettverschluss selbst aneinander. Der natürliche Faserbrei lässt sich in verschiedene Formen pressen – von der Gemüseverpackung bis zum Teller. Als Rohstoff kommen Nebenprodukte der Ernte wie Weizenstroh, Bananenstämme, Tomatenpflanzen und vieles mehr infrage. So können die Verpackungen jeweils mit lokalen Materialen produziert werden. Tomaten zum Beispiel werden jedes Jahr neu angepflanzt. Die abgeernteten Pflanzen können dann als Rohstoff für die Verpackung der Tomaten verwendet werden.
© Bio-Lutions
Bio-Lutions-Verpackung aus Ananas-Sträuchern
Algen als Plastik-Alternative
Algen sind nicht nur gesund und speichern große Mengen CO2, sie können auch eine Alternative zu Plastikverpackungen sein. Mittlerweile entwickeln verschiedene Unternehmen und Projekte weltweit Lösungen. So etwa das indonesische Start-up Evoware, das sich spezialisiert hat auf Kaffeebeutel und Gewürzverpackungen sowie essbares Verpackungspapier, beispielsweise für Sandwiches. Auch im Programm sind die sogenannten „Ello Jello“-Becher. Sie bestehen aus einer Art Gelee, welches als Verpackung für Suppen oder Süßspeisen dient und danach verspeist werden kann. Auch in Deutschland wird an kompostierbaren und/oder essbaren Verpackungslösungen auf Algen-Basis geforscht. Das Projekt Mak-Pak der Hochschule Bremerhaven nutzt dafür marine Makroalgen.
Verpackt in Zucker
Werden die Flaschen der Zukunft aus Zucker hergestellt? Geht es nach dem niederländischen Unternehmen Avantium sind pflanzenbasierte Kunststoffe ein Lösungsansatz, um das weltweite Müllproblem in den Griff zu bekommen. Die Flaschen bestehen aus kohlehydrathaltigem Ausgangmaterial wie Zuckerrohr, landwirtschaftlichen Reststoffen, Pflanzen und Getreide sowie einem auf der Basis pflanzlichen Zuckers hergestellten Kunststoff, der eine deutlich bessere Dichtigkeit gegen Kohlendioxid und Sauerstoff aufweist als konventionelle Kunststoffe. Coca-Cola, Danone und Carlsberg unterstützen das Unternehmen mit entsprechenden Partnerschaften. Für Carlsberg wurde bereits eine eigene Flasche entwickelt, die aus Pappe besteht – und mit dem Zucker-Kunststoff ausgekleidet ist.
Stroh statt Styropor
Es isoliert genauso gut wie Styropor, kann aber im Garten entsorgt werden: Stroh. Das bayerische Start-up Landpack macht sich diese Eigenschaften zunutze und produziert klimaneutrale Isolierverpackungen speziell für Lebensmittel-Versender. Das Stroh wird dafür in eine Form gepresst und anschließend mit einer Schutzfolie versiegelt. Die Folie besteht aus Stärke, die vollständig kompostierbar ist. Stroh ist in der Landwirtschaft im Überfluss vorhanden, es dämmt gut, nimmt Feuchtigkeit aus der Luft auf und hat eine geringe Wärmeleitfähigkeit – ideale Eigenschaften, um feuchtigkeitssensible Lebensmittel beim Versand zu schützen und kühl zu halten. Eine Metzgerei aus Österreich nahm die ersten Landboxen ab. Mittlerweile zählen Unternehmen wie Feinkost Käfer und Alnatura zu den Kunden der umweltfreundlichen Verpackungsbox.
Essbare Verpackung für Getränke
Die kleinen Verpackungsbeutel Ooho haben das Potenzial, die Schwemme an Einwegbechern und kleinen Plastikflaschen zu stoppen. Man kann sie ganz einfach mit aufessen. Erfunden hat sie das britische Startup Notpla und sich dabei von der Molekularküche inspirieren lassen. Die wasserdichte Membran der Ohoo-Beutel besteht aus Algen und entsteht durch einen Prozess namens Spherifikation. Sie ist farblos und geschmacksneutral und kann neben Flüssigkeiten auch mit Saucen, wie Ketchup oder Senf gefüllt werden. Die kleinen Säckchen kamen bereits bei Halbmarathon in London zum Einsatz. Statt Plastikbechern bekamen die Läufer ihr Wasser im Säckchen, das sie entweder essen oder wegwerfen konnten.
Popcorn als Verpackungsmaterial
Popcorn gehört zu den beliebtesten Snacks beim Kinobesuch. Doch in dem Maisprodukt schlummern noch ganz andere Potenziale. Als gepresstes Granulat kann es zu nachhaltigen, biobasierten Verpackungen verarbeitet werden, etwa zu Flaschenkartons. Eine Arbeitsgruppe der Universität Göttingen forscht bereits seit langem an dem Verfahren. Im Gegensatz zum Kinosnack werden die Maiskörner vor dem Aufpoppen geschrotet und anschließend mit einem Bindemittel aus tierischen Proteinen vermengt, das aus Schlachtabfällen gewonnen wird. Der große Vorteil des Granulats sei, dass es eine „biobasierte, umweltschonende und nachhaltige Alternative zu den bisher in der Industrie verwendeten Produkten auf Styroporbasis“ biete, so die Universität Göttingen. Wasserabweisend ist der neue Werkstoff obendrein.
Holzfolie statt Plastik
Unter dem Markennamen Repaq produziert das Unternehmen Superseven nach eigenen Angaben die „europaweit einzige plastikfreie, bedruckte Folienverpackung, die nachweislich zu 100% biologisch kreislauffähig ist“. Der Grundstoff: Zellulose, genauer gesagt Holz. Es stammt aus Abfällen nachhaltiger Holzwirtschaft. Die Folie fühlt sich genauso an wie jede andere transparente Schutzfolie. Nach ihrer Nutzung verrottet sie spurlos innerhalb wenigen Wochen – sogar im ganz normalen Gartenkompost. Repaq kommt bereits als luftdicht verschlossene Käse-Verpackung und als Folienverpackung für trockene Lebensmittel wie Nüsse, Nudeln, Pulver, Reis und Müsliriegel zum Einsatz. Einziges Problem: Repaq ist zwar zertifiziert kompostierbar, darf aber noch nicht im deutschen Bio-Müll landen, weil der Sortiermechanismus die Folie nicht als kompostierbar erkennt. In der Schweiz hingegen funktioniert das bereits.
Federn für Thermo-Verpackungen
Pluumo heißt das weltweit erste Verpackungsmittel auf Basis von Federn – entwickelt vom Londonder Start-up Aeropowder. Das Unternehmen suchte nach einem natürlichen Material, das eine geringe Wärmeleitfähigkeit aufweist und nicht wie Styropor extra aufwändig produziert werden muss. Dabei stieß es auf Federn, die als Nebenprodukt der Geflügelindustrie abfallen. Pluumo kann für den Transport von gekühlten Lebensmitteln eingesetzt werden und hat laut Aeropowder bessere Dämmeigenschaften als Styropor. Darüber hinaus nehmen die Thermo-Verpackungen aus Federn wenig Platz ein und saugen Kondenswasser auf, das durch Kühlelemente entstehen kann. Auch bei schwankenden Temperaturen kühlt Pluumo die Transportgüter zuverlässig.
Pilze statt Plastik
Styropor ist alles andere als umweltfreundlich. Es besteht aus dem Kunststoff Polystyrol, das aus Erdöl gewonnen wird und nicht verrottet. Das Berliner Biotech-Start-up Fungtion tüftelt an einer nachhaltigen Alternative aus Pilzen. Dabei wird aus Pilmyzel, der Wurzelstruktur der Pilze und Agrarreststoffen aus dem Berliner Umland ein stoßabsorbierendes, wasserabweisendes und leichtes Material kreiert. Die Pilze wachsen in wenigen Tagen, die spätere Verpackung ist vollständig kompostierbar kann sogar als Blumenerde verwendet werden. Das US-amerikanische Unternehmen Ecovative fertigt bereits seit über zehn Jahren Verpackungen aus Pilzfasern für den Lebensmittelversand. Das sogenannte MycoComposite ist ein kompostierbares Verpackungsmaterial, bestehend aus Hanfschale und Myzel.