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Senkung der Mehrwertsteuer
30.06.2020
Die Corona-Pandemie ist nicht eine Gesundheits-, sondern auch eine Wirtschaftskrise. Um die Konjunktur wieder anzukurbeln, wird die Mehrwertsteuer ab dem 1. Juli für ein halbes Jahr von 19 auf 16 Prozent und der ermäßigte Satz von sieben auf fünf Prozent gesenkt.
Ein ökonomisch probates Mittel
Die dramatischen Folgen des Wirtschaftseinbruchs werden sich erst in den kommenden Monaten und Jahren zeigen. Aufgrund steigender Arbeitslosenzahlen und einer verminderten Kaufkraft werden die Verfügbarkeit und bezahlbare Preise von Lebensmitteln zu besonderen Herausforderungen. Deshalb begrüßt die Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie e.V. (BVE) das Konjunkturpaket der Bundesregierung. Die Binnennachfrage muss jetzt gestärkt werden, damit davon abhängige Sektoren wie die Ernährungs- und Genussmittelindustrie, aber auch deren Absatzmärkte in Gastronomie, Hotellerie und Einzelhandel die Verluste aus dem Lock-Down aufarbeiten können. Die Mehrwertsteuersenkung ist befristet ein ökonomisch probates Mittel, um Konsum zu fördern.
Erhöhter Bürokratieaufwand
Die Umstellungsfrist der Steuer von nur einem Monat bedeutet jedoch einen enormen Bürokratieaufwand, der insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen zu Problemen führen kann. Die BVE hat sich daher dafür ausgesprochen, im Business-to-Business -Bereich weiterhin den bisherigen Umsatzsteuersatz anzuwenden und dies mit einer Billigkeits- beziehungsweise Nichtbeanstandungsregelung zu regeln. Besonders im Hinblick auf langfristige Lieferverträge zwischen Unternehmen, bei denen Abschlagzahlungen oder Werbekosten- und Zinszuschüsse sowie Rückvergütungen geleistet werden, führt die befristete Senkung des Umsatzsteuersatzes zu einem erheblichen administrativen Aufwand.
Eine entsprechende Forderung betrifft auch die Umsatzbesteuerung bei Pfandsätzen in der Getränkewirtschaft. Diese Besteuerung ist darauf ausgerichtet, das Pfand bei Leergutrücknahmen stets auf den Zeitpunkt der Rücknahme des Leergutes und nicht auf den ursprünglichen Verkauf des Vollgutes zu berechnen. Die befristete Änderung der Mehrwertsteuer ist daher sowohl bei ihrer Einführung als auch bei der Rückkehr zum ursprünglichen Steuersatz mit Schwierigkeiten verbunden. Zur Lösung des Problems könnte eine Nichtbeanstandungsregelung aus Vereinfachungsgründen eingeführt werden.
Corona erhöht den Preisdruck
Obwohl die Kurzfristigkeit der Maßnahme mit bürokratischen Herausforderungen in den Unternehmen verbunden ist, bleiben generell genügend Spielräume, damit sich
eine positive Bilanz für Einkommen der Verbraucher sowie Erträge und Renditen der Unternehmen ergibt. Langfristig betrachtet ist das Thema Preisdruck in der Wertschöpfungskette die größere Belastungsprobe für die Ernährungsindustrie. Neben der Stärkung der Kaufkraft sind Produzenten und Erzeuger jetzt auf einen fairen Wettbewerb angewiesen. Das Konjunkturpaket ist in dieser Hinsicht keine Hilfe. Stattdessen muss die Politik weiterhin im Blick haben, dass mit der Konzentration im Lebensmitteleinzelhandel eine Verhandlungsstärke verbunden ist, die den Lieferanten oftmals unangemessen erscheinende Zugeständnisse abverlangt.