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Zukunft der Lebensmittelproduktion: Verfügbarkeit von Rohstoffen größte Herausforderung
Der globale Einkauf von Rohstoffen nimmt zu. In den letzten zehn Jahren haben sich globalisierte Warenströme mehr als verdreifacht. Dadurch nehmen auch die Risiken entlang der Lieferkette zu. Wie sich die Unternehmen auf die Herausforderungen in komplexen Lieferketten vorbereiten, zeigt die aktuelle Studie der AFC Risk & Crisis Consult (AFC) in Kooperation mit der Bundesvereinigung der deutschen Ernährungs-industrie (BVE). Rund 250 für Risiko- und Krisenmanagement verantwortliche Mitarbeiter wurden dazu befragt.
Lieferketten: Wie sind die deutschen Lebensmittelhersteller aufgestellt?
Die meisten der in Deutschland verarbeiteten Lebensmittel enthalten Rohstoffe aus deutscher Erzeugung. Rund drei Viertel der Rohstoffe stammen aus dem Inland. Das verbleibende Viertel der Rohstoffe wird im europäischen und außereuropäischen Ausland eingekauft, da sie in Deutschland nicht in ausreichenden Mengen vorhanden sind oder nicht angebaut werden können. Dies ist einer der Gründe, warum regionale Rohstoffe lediglich für 26 Prozent der befragten Unternehmen eine Alternative zum globalen Bezug darstellen. Von den importierten Rohstoffen stammen auch zahlreiche Produkte aus Schwellen- und Entwicklungsländern. Mit dem globalen Einkauf von Rohstoffen werden die Lieferbeziehungen von Unternehmen sowie die Lieferketten komplexer. Dadurch nehmen die Risiken entlang der Lieferkette zu.
„Die Verfügbarkeit von Rohstoffen für die Lebensmittelproduktion ist der Schlüssel für Versorgungssi-cherheit. Viele Unternehmen sehen allerdings in der Verfügbarkeit von Rohstoffen zukünftig die größte Herausforderung. Angesichts globaler Risiken löst eine regionale Beschaffung das Problem nur zum Teil. Wir müssen daher alles daransetzen, dass internationale Lieferketten krisenfest gemacht werden“, erklärt Christoph Minhoff, Hauptgeschäftsführer der BVE.
Krisenmanagement in den Lieferketten
Die Ergebnisse der BVE/AFC-Studie verdeutlichen, dass laut der 259 befragten Risiko- und Krisenmanager die Unternehmen im Rahmen ihres Risikomanagements wichtige Maßnahmen ergreifen, um Risiken entlang der Lieferkette nachhaltig zu steuern. Die meisten Unternehmen optimieren laufend ihre Risiko- und Krisenmanagementsysteme und sind sensibler für Risikothemen und Anspruchsgruppen geworden. 51 Prozent der Unternehmen nutzen ein kontinuierliches Issue-Monitoring, um ihre Risiken frühzeitig zu identifizieren. Im Vergleich zu den Befragungen aus den Vorjahren setzt sich ein positiver Trend weiter fort. So führen 81 Prozent der Unternehmen verpflichtende Zertifizierungen durch, bei 79 Prozent der Unternehmen finden regelmäßig Audits und Kontrollen vor Ort statt und 74 Prozent bewerten ihre Lieferanten basierend auf einer Risikoanalyse. Nachholbedarf besteht bei der Identifizierung von Hotspots und Risikothemen durch regelmäßige Monitorings (51 Prozent) wie auch der Sensibilisierung und Schulung der Lieferanten bezüglich potenzieller oder bestehender Risiken (31 Prozent), um den steigenden Anforderungen gerecht zu werden und sich entlang der gesamten Supply Chain abzusichern.
„Es kann sich heute kein Unternehmen mehr leisten, potenzielle Risiken entlang der Lieferkette weder zu kennen noch erst bei konkretem Anlass zu reagierten. Um in krisenhaften Situationen effizient agieren zu können, müssen Ansprüche eigener Stakeholder im Vorfeld bekannt und erforderliche Maßnahmen des Krisenmanagements abgestimmt sein“, so Dr. Michael Lendle, Geschäftsführer der AFC Risk & Crisis Consult. „Daher ist ein Issue-Monitoring, wie dies bereits 51 Prozent der befragten Unternehmen umsetzen, ein probates Mittel, um eigene Hotspots und Risiken zu identifizieren und zu steuern“.
Auswirkungen der Corona-Pandemie
Die Corona-Pandemie ist eine besondere Krisensituation und erfordert in allen Bereichen Handlungsanpassungen. Im Hinblick auf die Rohstoffbeschaffung hat sich die Pandemie unterschiedlich stark auf das Lieferkettenmanagement der befragten Unternehmen ausgewirkt, was ohnehin auch an den verschiedentlich betroffenen Teilbranchen und dem Spezialisierungsgrad des Unternehmens liegt. Mit 76 Prozent ist der Großteil der befragten Unternehmen der Ernährungsindustrie kaum oder nicht betroffen. Hauptsächlich diejenigen Betriebe, die in irgendeiner Form von der Pandemie betroffen waren, geben an, ihr Liefermanagement auf den Prüfstand zu stellen und künftig Änderungen herbeizuführen, wie zum Beispiel die Lagerhaltung auszubauen. Lediglich für 26 Prozent der Unternehmen ist eine regionale Rohstoffbeschaffung eine Alternative. 58 Prozent der befragten Unternehmen ziehen dies ergänzend in Betracht.
Die Reaktionsfähigkeit der Unternehmen beurteilt Minhoff positiv: „Die Corona-Pandemie hat gezeigt, dass die Unternehmen durch ein flexibles Lieferantenmanagement erfolgreich reagieren konnten!“
Herausforderungen abseits der Lieferketten
Herausforderungen durch Lieferanten- und Lieferausfälle wie auch Warenverfügbarkeit werden in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Momentan sehen sich die Unternehmen laut der Studie in erster Linie mit Risiken zur Lebensmittelsicherheit durch Produktkontaminationen und Allergenen wie auch zur Kostensteigerung konfrontiert. Die Verschiebung ihrer Bedeutung und die Bandbreite der Risiken macht deutlich, dass ein Ineinandergreifen von Risikoprävention, Krisenkoordination und Kommunikation unbedingt erforderlich ist.
Die meisten Unternehmen haben die Forderungen der Anspruchsgruppen nach Transparenz, Nachhaltigkeit, Lebensmittelsicherheit, Tierschutz und Null-Toleranzen auf ihrer Agenda und glauben größtenteils sehr gut oder gut (82 Prozent) auf unbequeme Fragen und öffentliche Kritik vorbereitet zu sein.
Insgesamt steht außer Frage, dass die meisten Unternehmen ihre Risiko- und Krisenmanagementsysteme und damit Ihre Lieferketten laufend optimieren und immer sensibler für Risikothemen und Anspruchsgruppen werden.
Das komplette Studie „Herausforderungen komplexer Lieferketten – Wie sind die deutschen Lebensmittelhersteller aufgestellt? " finden Sie hier: