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Anbau nachhaltiger gestalten – Nachhaltigkeitszertifizierung
11.11.2016
Neben den weiterverarbeitenden Unternehmen und Verbrauchern in westlichen Ländern haben auch die Akteure in den Anbauländern ein stärkeres Bewusstsein für Nachhaltigkeitsaspekte beim Anbau von Ölpalmen entwickelt. Um eine nachhaltigere Palmölproduktion zu gewährleisten, werden in Zusammenarbeit mit den Akteuren der Anbauländer heute Zertifizierungssysteme eingesetzt. Dabei werden die Anbau-, Liefer und Wertschöpfungsketten im Palmölsektor von unabhängigen Stellen auf die Einhaltung bestimmter Nachhaltigkeitskriterien kontrolliert und zertifiziert.
Zertifizierungssysteme sind beispielsweise RSPO (Roundtable on Sustainable Palm Oil) und ISCC (International Sustainability & Carbon Certification). Das bekannteste und im Lebensmittelbereich meist genutzte Zertifizierungssystem für Palmöl ist derzeit der RSPO. Der RSPO wurde im Jahr 2004 gemeinsam vom WWF und Akteuren aus der Palmöllieferkette gegründet. Aufgabe des RSPO war es, einen einheitlichen Standard für nachhaltiges Palmöl zu entwickeln. So darf beispielsweise kein Palmöl von Flächen eingesetzt werden, die nach 2007 gerodet wurden.
Der RSPO zählt derzeit rund 3.000 Mitglieder (2016), unter anderem NGOs, Palmölproduzenten, die Palmöl verarbeitende Industrie, Hersteller von Konsumgütern, Einzelhändler sowie Banken und Investoren. Mit 380 Mitgliedern stellt Deutschland die zweitgrößte Mitgliedergruppe hinter Großbritannien. 2015 waren weltweit 12,9 Millionen Tonnen Palmöl nach RSPO-Kriterien zertifiziert. Das entspricht etwa 20 Prozent der gesamten
Palmölmenge.
Der RSPO definiert die Nachhaltigkeit im Palmölsektor anhand von acht Prinzipien, die von RSPO-Mitgliedern eingehalten werden müssen:
- Bekenntnis zu Transparenz
- Einhaltung von Gesetzen und sonstigen rechtlichen Bestimmungen, zum Beispiel die rechtmäßige Nutzung von Anbauflächen
- Bekenntnis zu langfristiger wirtschaftlicher Tragfähigkeit
- Anwendung angemessener, bewährter und vorbildlicher Methoden durch anbauende Betriebe und Mühlen, zum Beispiel zur langfristigen Wahrung der Bodenfruchtbarkeit und Erosionsvermeidung oder beim Einsatz von Agro-Chemikalien
- Verantwortung gegenüber der Umwelt und Wahrung natürlicher Ressourcen und der Biodiversität
- Verantwortungsvolle Berücksichtigung der Angestellten und betroffener Individuen und Gemeinden
- Verantwortungsvolle Entwicklung neuer Anbaugebiete
- Bekenntnis zur kontinuierlichen Verbesserung in Hauptarbeitsgebieten
Diese Prinzipien werden durch insgesamt 43 Einzelkriterien konkretisiert.
Bei zertifiziertem Palmöl werden verschiedene Lieferkettenmodelle unterschieden:
Identity Preservation (IP)
Strikte Trennung von Palmöl aus nachhaltigem Anbau von nicht-nachhaltigem Palmöl entlang der gesamten Lieferkette. Das nachhaltige Palmöl wird zu keinem Zeitpunkt mit nicht-nachhaltigem Palmöl vermischt, die Ware ist zu 100 Prozent bis zur Plantage rückverfolgbar.
Segregation
Ähnlich wie bei der Identity Preservation wird nachhaltige Ware strikt von nicht-nachhaltiger Ware getrennt. Ware aus mehreren nachhaltig zertifizierten Plantagen kann jedoch gemischt werden.
Massenbilanz / Mass Balance
Nachhaltige und konventionelle Ware wird nicht physisch getrennt, sondern vermischt; Zertifikate werden nur für den tatsächlichen Anteil an nachhaltigem Palmöl ausgestellt. Die Option ermöglicht das Ausweisen nachhaltiger Ware auf jeder Stufe der Warenkette, ohne jedoch eine zusätzliche Infrastruktur für eine parallele Lieferkette aufbauen zu müssen.
Book and Claim (Zertifikathandel)
Das nachhaltige Palmöl, also die physische Ware und die Nachhaltigkeitszertifikate, werden getrennt gehandelt. Ähnlich wie bei Ökostrom wird ein handelbares Zertifikat für die Produzenten ausgestellt, die zertifiziert sind.