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Ökologische und Ökonomische Vorteile des Wertstoffgesetzes
01.03.2016
Kritiker des dualen Systems wollen einen grundsätzlichen Systemwechsel: Mit dem neuen Wertstoffgesetz soll die Organisationshoheit für die Wertstoffsammlung den Kommunen übertragen werden. Einige wollen sogar die Organisation der Sortierung und Verwertung verstaatlichen. Die Inverkehrbringer würden in diesem Fall weiterhin zahlen und dieses System über eine Sonderabgabe finanzieren, die eine eigens geschaffene Behörde
einziehen müsste.
Weder die Kommunen noch eine neue staatliche Behörde haben ein ureigenes Interesse an anspruchsvollen Verwertungsquoten. Deren Hauptinteresse ist die Auslastung von Anlagen und Infrastruktur. Dies würde in Einzelfällen dazu führen, dass Kommunen stärker an hohen
Hausmüllmengen und weniger an Recyclingmaterial interessiert sind. Eine Umsetzung von Verwertungsquoten ist nur bei einem unmittelbaren Einfluss auf Sammler, Sortierer und Verwerter realistisch. Dieser Einfluss würde den dualen Systemen bei einer kommunalen Erfassungsverantwortung genommen, da sie gegenüber dem beauftragten Sammelunternehmen keinen durchsetzbaren Rechtsanspruch hätten.
Damit steht und fällt aber jede Quotenerfüllung und damit die ökologische Ausrichtung des WertstoffG. Es bedarf deshalb einer politischen Grundsatzentscheidung, bei der es nicht darum geht, die Daseinsvorsorge der Kommunen in Frage zu stellen. Die Herausforderung besteht darin, das effizienteste System in ökologischer und ökonomischer Sicht zu fördern. Eine Verstaatlichung der bisherigen Wertstoffentsorgung läuft auf eine Enteignung der dualen Systeme hinaus und stellt mit Blick auf den Kreislaufgedanken einen Rückschritt dar.
Gegen eine kommunale Monopolstellung sprechen folgende Gründe:
Ökologie
- Die unterschiedlichen kommunalen Vorgaben und Standards bei der Sammlung von Wertstoffen würden das bundesweit einheitliche Sekundärrohstoffrecycling zerschlagen, Qualitäten würden uneinheitlich und anspruchsvolle Quoten nicht erreichbar.
- Sind die Dualen Systeme als Dienstleister der Produktverantwortlichen nicht selbst Vertragspartner für die Erfassung, haben sie keinen ausreichenden Einfluss auf Qualität und Quantität der Wertstoffe. Folge: Quoten verkommen zur politischen Absichtserklärung ohne praktischen Wert.
- Hausmüllähnliche Gewerbeabfälle aus Krankenhäusern, Restaurants oder Handwerksbetrieben dürften die Kommunen rechtlich nicht annehmen, womit ein Drittel der jetzigen Wertstoffmengen wegfiele. Das sind knapp eine Million To nnen pro Jahr, was einem Treibhauspotenzial von etwa 600 Millionen CO2-Äquivalenten entspricht.
- Bei einem Wegfall von Papier/Pappe/Karton müssten statt 90 Proz ent nur noch 60 Prozent verwertet werden. Bezogen auf die Verpackungen bedeutet das einen Wegfall von 400.000 Tonnen pro Jahr, die nicht mehr für das Papierrecycling zu geringeren Preisen zur Verfügung stünden.
Effizienz, Ökonomie und Verbraucherfreundlichkeit
- Fehlender Wettbewerb hieße steigende Kosten für Handel, Industrie und letztendlich den Verbraucher. Anfallende Kosten würden auf den Gebührenzahler umgelegt oder dem nach VerpackV oder WertstoffG Verantwortlichen als Abgabe in Rechnung gestellt. Die Müllkosten für private Haushalte könnten sich mehr als verdoppeln.
- Kleine Handwerksbetriebe oder Krankenhäuser, Hotels und Heime bekämen ein Kostenproblem, weil ihre Wertstoffe nicht mehr kostenlos entsorgt würden. Für Teile des Handwerks kann dies existenziell sein, bei Krankenhäusern und Heimen führt dies zu Zusatzbelastungen bei den Krankenkassen und Pflegeversicherern und damit beim Verbraucher.
- Der Aufbau einer „Lizenzbehörde“ zur Eintreibung der Sonderabgabe bei 50.000 Unternehmen bedeutet einen hohen Personal- und Sachaufwand und damit überproportional hohen Verwaltungskosten.
- Fehlender Wettbewerb, uneinheitliche Sekundärrohstoffqualitäten und fehlende Möglichkeiten, Quotenunterschreitungen zu sanktionieren bedeutet, dass keine Innovationsanreize mehr gesetzt werden. Deutschland als Exportweltmeister für Umwelttechnologie fiele deutlich zurück.
Mit Blick auf die anstehenden demografischen und wirtschaftlichen Herausforderungen, vor denen die deutschen Städte und Kommunen in den nächsten Jahren stehen, scheint eine konsequente Reform des bestehenden Systems der sinnvollere Weg. Die Kommunen sollten aktiv die Aufgabe als „Gesicht zum Bürger“ wahrneh men. Die Schwächen des jetzigen Systems muss das neue Gesetz mit der Einrichtung einer Zentrale Stelle als neutraler Kontrollinstanz beseitigen.