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Kann man Lebensmittelqualität überhaupt wissenschaftlich messen?
22.07.2016
Viele Qualitätsmerkmale, zu denen auch gesetzliche Vorgaben festgeschrieben sind, lassen sich wissenschaftlich messen und bewerten. Durch die Forschung mussten für viele dieser Merkmale, beispielsweise für die Bewertung des Geschmacks, aber zunächst geeignete wissenschaftliche Verfahren und Methoden entwickelt werden, da sie auf Produkteigenschaften beruhen, die Konsumenten individuell unterschiedlich bewerten und die somit allein durch Analysetechnik nicht messbar sind.
DLG e.V. – (Deutsche Landwirtschafts-Gesellschaft)
Die Lebensmittelsensorik – eine wissenschaftliche Disziplin
Lebensmittelqualität hat mehrere Dimensionen, die sich mittels wissenschaftlicher Untersuchungsmethoden erfassen lassen. Die Prüfung von Verpackung, Kennzeichnung und stofflicher Zusammensetzung erfolgt durch objektive Analyseverfahren. Mittels definierter analytisch-instrumenteller Methoden lassen sich ernährungsphysiologische und chemische Inhaltsstoffe, unerwünschte Rückstände oder mikrobiologische Verunreinigungen labortechnisch untersuchen und isoliert bewerten. Subjektive Einstellungen und unbewusste Handlungen der Verbraucher, die die individuelle Gesamtheit von Lebensmittelqualität beeinflussen und das Kaufverhalten bestimmen, werden durch die Verhaltens- und Konsumforschung eruiert und u.a. anhand von Verkaufszahlen und Produkt-Usabilty-Tests bewertet.
Den größten Einfluss auf das Kaufverhalten der Verbraucher hat der Genusswert. Er entsteht aus der Verknüpfung von Aussehen, Geruch bzw. Aroma , Geschmack und Textur des Lebensmittels und bestimmt wesentlich dessen Markterfolg. Die Lebensmittelsensorik bietet als wissenschaftliche Disziplin verschiedene Methoden zur Bestimmung des Genusswertes bzw. der sensorischen Lebensmittelqualität. Dabei werden die menschlichen Sinnesorgane vergleichbar mit technischen Instrumenten zu Prüf- und Messzwecken eingesetzt, um neutrale, reproduzierbare Ergebnisse zu liefern. Elektronische Nasen, Zungen und Augen sowie Texture Analyser können helfen, Facetten des Genusswertes zu messen; sie sind jedoch nicht in der Lage zu bewerten. Die B eurteilung der sensorischen Qualität obliegt dem Messinstrument „Mensch“. Er ist in der Lage, alle sensorischen Produkteigenschaften zeitgleich und in Wechselwirkung zu erfassen und ganzheitlich zu bewerten.
Sensorische Methoden, die sich in subjektive und objektive Verfahren unterteilen lassen, finden Einsatz in verschiedenen Unternehmensbereichen der Lebensmittelwirtschaft: Mittels ungeschulter Verbraucherpanel erfassen Produktentwicklung und Marketing über die sensorische Markt- und Konsumentenforschung die subjektive sensorische Produktakzeptanz in Form der wesentlichen von Verbrauchern erwünschten Kriterien, z.B. „knackig“ bei Wiener Würstchen. Vielfältige analytische sensorische Methoden setzen im Qualitätsmanagement in der Produktion geschulte Prüfer zur Sicherstellung des in den Rezepturen definierten Genusswertes ein.
In sensorischen Prüfungen werden wesentliche Produkteigenschaft en mit Worten beschrieben und in ihrer Ausprägung und Intensität ermittelt. In der Qualitätssicherung werden so aufgrund definierter Prüfmerkmale und Produkteigenschaften sensorisch fehlerhafte Produkte z.B. mangelnde Krumenelastizität bei Brot im Sinne einer Gut-schlecht- Prüfung ausselektiert. Die Basis bilden geschulte Prüferpanel, geeignete Prüfmethoden und standardisierte Prüfbedingungen.
Die Methodik der objektiv-analytischen Sensorik ist auch der Kern der unternehmensübergreifenden DLG-Qualitätsprüfungen. Definierte Prüfverfahren, standardisierte Prüfformulare bzw. -protokolle und produktspezifisch trainierte Prüferpanel führen eine objektive Beurteilung der sensorischen Produktqualität im jeweils vorgestellten Produktsegment und der Qualitätsstufe gemäß dem aktuellen Stand der Produktionstechnik, der definierten „Guten Herstellerpraxis“ und der aktuellen Verkehrsauffassung durch. In Abhängigkeit der im Testergebnis erreichten Punktzahl für die geprüften Qualitätsmerkmale werden DLG-Prämierungen vergeben, die auf dem Produkt gekennzeichnet werden können.