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Benachteiligt der Export die lokale Produktion in Entwicklungsländern?
13.09.2017
Die Handelsbilanz Deutschlands mit Entwicklungsländern ist insgesamt negativ, der Einfuhrüberschuss lag 2015 bei 12 Milliarden Euro. Betrachtet man allein den Agrarhandel mit Afrika, ergibt sich ein Einfuhrüberschuss von 1,8 Milliarden Euro. Aufgrund der geringen Kaufkraft gingen nur 1,6 Prozent der deutschen Lebensmittelexporte 2016 nach Afrika, wobei die Hauptzielmärkte keine Entwicklungsländer, sondern weiter entwickelte Länder wie Südafrika, Ägypten oder Marokko waren. Der Anteil deutscher Lebensmitteleinfuhren an den gesamten Lebensmitteleinfuhren Afrikas ist sehr gering, im Gegenzug ist Deutschland aber ein wichtiger Abnehmer bedeutender Wirtschaftszweige der afrikanischen Primärproduktion. So hat Deutschland beispielsweise im Rahmen der Initiative „Forum Nachhaltiger Kakao“ in die Verbesserung der Anbaubedingungen im Kakaosektor der Côte d‘Ivoire investiert. Die Côte d‘Ivoire ist heute einer der weltweit wichtigsten Kakaoexporteure – für das Land eine nachhaltige Wachstumschance.
Bevölkerungswachstum, eine zunehmende Urbanisierung und anhaltende Rückstände in der landwirtschaftlichen Produktivität lassen die Nachfrage nach Lebensmittelimporten in einigen Entwicklungsländern steigen. Der Handel mit Entwicklungsländern unterliegt dabei ebenso den WTO-Regeln wie jener mit anderen Ländern. Entwicklungsländer können ihre Märkte aber noch stärker durch WTO-Maßnahmen schützen, so genießen sie bei Versorgungsrisiken beispielsweise höhere Flexibilität. Auch können Entwicklungsländer Exporte durch Zollabkommen mit der EU vergünstigt auf den europäischen Markt bringen.
Nutzen Entwicklungsländer die handelspolitischen Spielräume, dann benachteiligen Lebensmittelimporte nicht die lokale Produktion und Versorgung. Um die in vielen Entwicklungsländern immer noch vorherrschende Mangel- und Unterernährung sowie den Aufbau robuster und produktiver Lebensmittelversorgungsketten vor Ort zu fördern, braucht es jedoch weniger den Agrarhandel als eine wirkungsvolle Infrastrukturpolitik. Daher investieren Länder wie Deutschland, aber auch private Unternehmen, in gemeinsame Projekte zur Entwicklungszusammenarbeit, die vor allem bei der landwirtschaftlichen Erzeugung ansetzen. Erst an diese Erfolge können dann Investitionen in Weiterverarbeitung und Vertrieb anknüpfen. Wo die landwirtschaftliche Erzeugung in Entwicklungsländern nachhaltig Überschüsse erzeugt, wird die Exportfähigkeit dieser Länder gefördert, so beispielsweise durch Investitionen in Qualitätsverbesserungen oder Einfuhrerleichterungen.