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Die neue kulinarische Esskultur in Zeiten von Corona
06.08.2020
Welche Auswirkungen hat die Corona-Krise auf die Ernährung, Kochen und Essen? Das Kölner Markt- und Medienforschungsinstitut rheingold ist im Auftrag von Kulinaria Deutschland e.V. dieser Frage nachgegangen. Das klare Ergebnis: Convenience-Produkte haben durch ihre überzeugenden Eigenschaften deutlich an Relevanz gewonnen.
Veränderungen
Die Corona-Zeit hat viele verschiedene Veränderungen im Ernährungs-, Koch-, Ess- und Einkaufsverhalten angestoßen, beschleunigt oder verstärkt, die sich voraussichtlich auch nach der Corona-Krise im Alltag der Menschen halten werden. Während zu Beginn der Krise insbesondere die Vorratshaltung von hoher Bedeutung war und Hamsterkäufe Regale leerten, ist mittlerweile eine Art ‚Zwischenwelt‘ eingetreten. Die Pandemie ist noch nicht vorbei, doch eine neue Normalität entsteht, in der sich neue Routinen etablieren und festigen.
Praktikabilität und Hygiene
Die Arbeit im Home-Office wird dort, wo es möglich ist, weiter von Bedeutung sein, weswegen die kulinarische Versorgung Zuhause – ohne Mensa oder Kantine – weiterhin im Fokus stehen wird. Aufgrund dessen komme es laut rheingold und Kulinaria Deutschland zu einer „stärkeren Erdung der Ansprüche“ und einer „Offenheit für Vereinfachung“.
Vor allem Convenience-Produkte helfen Verbraucherinnen und Verbrauchern dabei, ihren Alltag in der Corona-Krise zu meistern. Vorgefertigte Lebensmittel gleichen fehlende Kochkompetenzen wie ein begrenztes Repertoire an Gerichten, mangelndes Know-How und Fähigkeiten, oder eine fehlende Küchenausstattung aus. Außerdem sind sie eine Entlastung, wenn das Kochen schnell und nebenbei geschehen muss und ermöglichen eine hohe Flexibilität.
Gleichzeitig rückten die Hygieneaspekte von verpackten Lebensmitteln stärker in den Mittelpunkt. So wurde die (Plastik-)Verpackung deutlicher als Virenschutz wahrgenommen oder die Verarbeitung der Produkte als zusätzliche Sicherheit.
Die sechs zentralen Treiber
Als die sechs zentralen Treiber für die Veränderungen von Ernährung, Kochen und Essen in Zeiten von Corona bezeichnen rheingold und Kulinaria Deutschland:
- Versorgung sichern: Aus der Erfahrung einer begrenzten Verfügbarkeit von Produkten sowie aufgrund des eingeschränkten Einkaufserlebnisses (u.a. Maskenpflicht), werden verstärkt Vorratshaltung und Plankäufe getätigt.
- Alltag strukturieren: Home-Office (und Home-Schooling) gehen mit der Herausforderung einer eigenen Tagesstrukturierung einher. Mahlzeiten und Snacks werden als Marker für die Zwischenetappen im Tagesverlauf genutzt, wodurch die Anzahl der Verzehranlässe gestiegen ist.
- Gemeinschaft pflegen: Das gemeinsame Essen wird zur zentralen Begegnungsstätte, bei der auch Sorgen und Nöte ‚auf den Tisch‘ kommen. Die Reaktivierung des Familientischs wird als sehr positiv erlebt, da hier der Kontakt zu Partner*in und (älteren) Kindern intensiviert wird. Statt Ernährungsidealen ist es nun wichtiger geworden, das ‚Wir-Gefühl‘ zu stärken: ‚Wir schaffen das!‘
- Tristesse kompensieren: Die vielfältigen, anhaltenden Begrenzungen werden als ermüdend bis deprimierend erlebt. Essen bietet eine (gewisse) Kompensation und wird gezielt zur Stimmungsmodulation eingesetzt: Abwechslung, Inspiration, Spannung, Schärfe, Überraschung u.v.m.
- Aktiv bleiben: Angesichts der eigenen Stilllegung und Begrenzung vermitteln Kochen und Backen Erlebnisse von Kreativität, Entwicklung und Selbstwirksamkeit, die stolz serviert und präsentiert werden können. Zum Teil entsteht jedoch auch Frustration: hoher Aufwand, fehlende Kompetenzen, enttäuschende Ergebnisse.
- Perfektionsansprüche lockern: Die Corona-Zeit hat den ‚Blick für das Wesentliche‘ geschärft und darüber auch eine Erdung für das Thema ‚Ernährung‘ bewirkt, das zuvor mit einem hohen Performance-Anspruch besetzt war. Statt hoher Ernährungsideale steht nun ein ‚gesundes Maß‘ im Fokus (#mehrRealitätbeimEssen).
Kulinarische Lebensmittel wie Feinkost und Fertiggerichte, Suppen und Brühen, Essig, Senf und Meerrettich, aber auch Desserts treffen laut der Studie daher auf eine gestiegene Akzeptanz innerhalb der Gesellschaft.
Weitere Informationen zur Studie
Im Rahmen der Studie hat rheingold 20 zweistündige tiefenpsychologische Interviews in Köln, Leipzig, München und Hamburg geführt. Befragt wurden zwölf Frauen und acht Männer im Alter von 25-65 Jahre.
Weitere Informationen zu den Veränderungen der Esskultur durch Corona finden Sie unter
https://kulinariadeutschland.com/rheingold-studie/