Inhalt
Jetzt kommt der Brexit
30.01.2020
Der Brexit ist beschlossene Sache. Am
31. Januar 2020 um 24 Uhr Brüsseler Zeit verlässt Großbritannien die Europäische Union. Anschließend beginnt eine Übergangsphase bis zum 31. Dezember 2020, während derer vorerst keine Änderungen eintreten. Zwischen Februar und Dezember müssen jedoch die zukünftigen Beziehungen zwischen Großbritannien und der EU verhandelt werden. Eine Verlängerung der Übergangsphase wird derzeit ausgeschlossen. Es ist allerdings fraglich, in welchem Umfang neue Abkommen in dieser kurzen Zeit erzielt werden können. Nach Ablauf der Frist ist
nach wie vor ein harter Brexit möglich. Die deutschen Unternehmen müssen sich daher auf alle Szenarien einstellen und besonders für den schlimmsten Fall, das Ende der Übergangsphase ohne Abkommen, Vorbereitungen treffen.
Exportmarkt Großbritannien
Kein Zweifel besteht hingegen an der Tatsache, dass der Brexit in jedem Fall eine Verschlechterung der Handelsbeziehungen zwischen Deutschland und dem Vereinten Königreich bedeutet. Jüngsten Umfrageergebnissen des BVE-AFC Exportindikators zufolge erwartet bereits für 2020 die Mehrheit der Lebensmittelexporteure einen sinkenden Absatz für den Großbritannienexport. Für die deutsche Ernährungsindustrie ist Großbritannien der viertgrößte Exportmarkt. Ohne ein Austritts- oder Handelsabkommen ist mit einer
Zolllast von 382,5 Millionen Euro pro Jahr – mehr als eine Million pro Tag – für die Unternehmen der deutschen Ernährungsindustrie zu rechnen. Die Belastung der Branche läge damit über dem gesamtwirtschaftlichen Mittel. Berechnungen des ifo-Institutes gehen in diesem Fall von einem Wertschöpfungsverlust von 0,8 Prozent aus. Das entspräche rund 360 Millionen Euro, die der Branche verloren gingen. Dabei sind die Teilbranchen der Ernährungsindustrie unterschiedlich schwer betroffen. Die Hersteller von Fleisch- und Milchprodukten trifft die größte Belastung. Die ersten Auswirkungen des anstehenden Brexit zeigten sich dabei bereits 2018. Der Export von Fleisch und Fleischprodukten nach Großbritannien belief sich auf 712,5 Millionen Euro, was einem Rückgang von 6,1 Prozent zu 2017 entspricht. Bei Milch und Milchprodukten gingen die Ausfuhren um 4,6 Prozent auf 391,9 Millionen Euro zurück.
Handel mit Drittländern
Hinzu kommt ein gesteigerter Bürokratieaufwand, der insbesondere für kleinere und mittelständische Unternehmen zu einer Belastung wird. Je nach Verhandlungsausgang gelten für Großbritannien nach Ablauf der Übergangsfrist die gleichen Regeln wie für andere Drittländer. Kleinere und mittelständische Unternehmen, die bisher noch keine Handelsbeziehungen mit einem Drittland hatten, sehen sich daher mit neuen Herausforderungen konfrontiert. In vielen Fällen sind dies ausgerechnet die Unternehmen, die im harten Wettbewerb um die begrenzten Plätze auf den Listen des Einzelhandels auf das Auslandsgeschäft angewiesen sind, um dort mehr Umsatz zu erwirtschaften. Großunternehmen hingegen stehen vor neuen Herausforderungen, wenn sie britische Mitarbeiter beschäftigen oder Standorte in Großbritannien haben.
Anliegen der BVE
Die BVE hofft nun, dass die
Verhandlungen zu den zukünftigen Beziehungen zügig geführt und insbesondere der ambitionierte
Abbau der mit dem Ausscheiden aus dem Binnenmarkt drohenden Handelsbarrieren in den Fokus gerückt werden. Auch im günstigsten Fall einer ambitionierten Einigung und Ratifizierung eines Abkommens bis Ende 2020, werden sich die Handelsbedingungen mit Großbritannien gegenüber den jetzt noch geltenden Regeln des Binnenmarktes verschlechtern. Die BVE empfiehlt ihren Unternehmen, sich auf einen erschwerten Handel vorzubereiten. Mitglieder erhalten entsprechende Informationen und Hilfestellungen, um mehr Rechtssicherheit zu erlangen.