Inhalt
„Ein rein deutsches Lieferkettengesetz würde zu einer Wettbewerbsverzerrung führen.“
21.10.2020
Die Ausgestaltung eines deutschen Lieferkettengesetzes wird momentan innerhalb der Bundesregierung diskutiert. Dr. Christian von Boetticher berichtet aus seiner Sicht als Vorstandsvorsitzender der BVE und Geschäftsführer der Peter Kölln GmbH & Co. KGaA, wo das Problem bei einem rein deutschen Lieferkettengesetz liegt und wie die Lieferketten in seinem Unternehmen aussehen.
BVE: Lieferketten sind häufig komplex. Wie sehen die Lieferketten für Ihre Produkte aus? Können Sie einige konkrete Beispiele nennen?
Dr. Christian von Boetticher: Wir bei Peter Kölln können unsere Lieferketten in der Regel bei unseren Hauptrohstoffen bis zu ihrem Ursprung zurückverfolgen. Nehmen wir als Beispiel doch einmal unser wichtigstes Produkt, den Hafer. Diesen beziehen wir ausschließlich aus Finnland und Norddeutschland. Bei dem finnischen Hafer stehen wir mit unseren Händlern in einem engen Kontakt bis zum Erfassungshandel. Dieser wiederum kennt jeden Bauern, der an uns Hafer liefert. Bei dem deutschen Anbau geht es sogar so weit, dass wir hier verstärkt auf Vertragsanbau mit den jeweiligen Landwirten setzen und damit jeden einzelnen Produzenten persönlich kennen. Aber auch bei unserem Ölsortiment kennen wir die Abfüll- und Pressbetriebe persönlich und die Vorlieferanten. Bei unserem wichtigsten Öl, dem Maiskeimöl, ist die Lieferkette bis zum Lieferanten der Maiskeime bekannt.
BVE: Wieviel Kontrolle und Einfluss haben Sie auf die einzelnen Akteure der Lieferketten? Was können Sie leisten? Wo endet Ihr Einfluss?
Dr. Christian von Boetticher: Wir arbeiten nur mit zertifizierten Händlern und Vorlieferanten zusammen und sehen uns die Länder nach den Kriterien des BSCI-Standards an. Die meisten Vorlieferanten / Verarbeiter haben ihren Geschäftssitz in Deutschland. Wir pflegen zu ihnen seit Jahren ein vertrauensvolles Verhältnis und sie kennen unsere Vorstellungen von sowohl qualitativ hochwertigen Rohstoffen als auch von fairen Arbeitsbedingungen. Über sie können wir auf die Hersteller und Produzenten in den Ursprungsländern Einfluss nehmen und dafür Sorge tragen, dass ethische und moralische Grundsätze gewahrt werden, wir selbst führen direkt keine Rohwaren aus Drittländern ein.
BVE: Welche Maßnahmen ergreifen Sie, um Ihrer menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht nachzukommen?
Dr. Christian von Boetticher: Schon vor Jahren haben wir bei Peter Kölln interne Richtlinien beschlossen, nach denen sich das Unternehmen dazu verpflichtet, nur mit Partnern zusammen zu arbeiten, die gewährleisten können, dass unter fairen Bedingungen produziert und gerechte Löhne an die Arbeitnehmer gezahlt werden. Mit Unternehmen aus Ländern, die im Hinblick auf diese Richtlinien keine Transparenz ermöglichen, kooperiert Peter Kölln nicht. So werden etwa keine Rohstoffe aus China angekauft. Rohwaren aus diesem Land lassen sich im Vorwege schwerer auf Qualität und Schadstoffbelastungen prüfen. Auch kann nicht sichergestellt werden, dass die Arbeitsbedingungen vor Ort den internen Richtlinien des Unternehmens entsprechen.
BVE: Was würde passieren, wenn nun ein rein deutsches Lieferkettengesetz beschlossen würde und Unternehmen haften müssten?
Dr. Christian von Boetticher: Ein rein deutsches Lieferkettengesetz würde zu einer Wettbewerbsverzerrung führen. Wenn sich ausschließlich die deutschen Händler an die Bestimmungen dieses Gesetzes halten müssten, könnten Mitbewerber aus dem Ausland verstärkt auf den deutschen Markt vordringen und unsere Unternehmen aus dem Rennen werfen. Es würde kein Gleichgewicht mehr für einzelnen Anbieter aus unterschiedlichen Ländern geben. Grundsätzlich sehen wir aber, dass ein Lieferkettengesetz wichtig ist und Sinn macht – nur sollte es eben für alle Mitbewerber auf dem Europäischen Markt gelten. Peter Kölln ist mit seinen Ansätzen übrigens Vorreiter in diesem Bereich. Wir als mittelständischen Unternehmen fallen grundsätzlich noch nicht unter die Richtlinien dieses Gesetzes. Da wir uns aber bereits seit Jahren das Thema Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben haben und seit Juni 2020 nach ZNU Standard nachhaltig zertifiziert sind, haben wir für uns intern festgelegt, dass wir es als wichtig erachten, alle unsere Rohstoffe so weit wie möglich nachverfolgen zu können.