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BVE-Jahresbericht 2020 PDF
BVE-Jahresbericht 2020 TATEN statt WORTE Essen ist die Grundlage unserer Existenz. Es ist sogar so grundlegend und alltäglich, dass vielen Verbrauchern die weitreichende Bedeutung unserer Errungenschaft – eine flächendeckende Versorgung mit qualitativ hochwertigen und sicheren Lebensmitteln in ganz Deutschland – erst durch die Corona-Krise wieder bewusst geworden ist. Das Angebot der deutschen Ernährungsindustrie ist so breit und vielfältig, dass jegliche Verbraucherwünsche auch während der Pandemie bedient werden können und Regale nicht lange leer stehen. Kompromisslos fordern Verbraucher nicht nur einen einwandfreien Geschmack der Lebensmittel, sondern zunehmend auch die Einhaltung von Nachhaltigkeitsstandards. Gleichzeitig müssen die Produkte verbraucherfreundlich und erschwinglich sein. Hunderttausende Landwirte, Lebensmittelhersteller und -händler, das Handwerk und die Gastronomie wachsen jedes Jahr aufs Neue über sich hinaus und nehmen diese Herausforderungen an. Statt nur zu reden, lässt die Branche Worten Taten folgen und stellt die Weichen für eine zukunftssichere Versorgung mit geschmackvollen Lebensmitteln. Sie zeigt damit einmal mehr: Nur Wertschöpfer und nicht Wortschöpfer können Nachhaltigkeit nach vorne bringen. Ausdruck dieser Tatkraft sind unter anderem 40.000 neue Produkte, die jährlich auf den Markt kommen. Hinzu kommen veränderte Rezepturen, Verpackungen oder Herstellungsprozesse. Die vergangenen Monate haben außerdem gezeigt, dass diese Tatkraft systemrelevant und verlässlich ist. Durch das persönliche Engagement eines jeden Akteurs entlang der Wertschöpfungskette Lebensmittel konnte die Versorgung mit Nahrungsmitteln trotz Corona-Krise sichergestellt werden. Der Blick zurück auf 2019 zeigt ein gutes Jahr. Obwohl das Wirtschaftswachstum gedämpft war und Handelsschwierigkeiten nach wie vor das volle Potenzial dämpften, konnte die deutsche Ernährungsindustrie erneut ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis stellen. So ließ sich der Umsatz um 3,2 Prozent steigern. Dieser Jahresbericht ist ein Beleg für den Erfolg der Lebensmittelhersteller und ihres Dachverbandes, der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie. Hieran haben vor allem unsere Mitglieder einen entscheidenden Anteil. Die Unterstützung und das Vertrauen für und in das Team der BVE sind herausragend. Dafür danken wir ganz herzlich! Wir werden auch in diesem Jahr mit voller Kraft für die Interessen unserer Mitglieder eintreten und unsere Stimme wahrnehmbar erheben. Gemeinsam meistern wir die Herausforderungen dieser Krise. Wir wünschen Ihnen nichtsdestoweniger ein gutes und erfolgreiches Jahr 2020 - und einen hoffnungsvollen Blick Richtung 2021!
BVE-Positionspapier Bundeskartellamtes zum Preisbindungsverbot im Lebensmitteleinzeilhandel PDF
BVE-Positionspapier Bundeskartellamtes zum Preisbindungsverbot im Lebensmitteleinzeilhandel
 

Pressemitteilungen

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Terminkalender

„Verbraucher hat Lenkungswirkung“

08.07.2020
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Im Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung hat Dr. Christian von Boetticher, neuer Vorstandsvorsitzender der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE), über die Situation in der Fleischwirtschaft, die Macht der Verbraucher und die Konzentration des Handels gesprochen. Das Interview führte Jan Schönstedt.

Neue Osnabrücker Zeitung: Wie denken Sie über die Situation – ist ein Totalumbau des Branchenzweigs erforderlich?

Dr. Christian von Boetticher: Als Allererstes setzt in einer Marktwirtschaft der Verbraucher den Akzent. Wenn der Verbraucher morgen ein Müsli haben möchte, in dem irgendeine seltene Frucht aus Asien drin sein soll, dann versuche ich das für ihn zu organisieren, um diesen Markt zu bedienen. Die Ausgangsproblematik ist, dass der Fleischmarkt – übrigens genauso wie der Milchmarkt oder der Buttermarkt – extrem preisgetrieben ist.

Neue Osnabrücker Zeitung: Warum?

Dr. Christian von Boetticher: Weil die Handelskonzerne, die einen Niedrigpreis anbieten, sich sicher sein können, dass viele Verbraucher alle guten Vorsätze über Bord werfen, dort zugreifen, wo der Preis am günstigsten ist, und dann auch ihre sonstigen Einkäufe dort erledigen. Darauf hat sich die Produktionsbranche eingerichtet, die auch dann noch Geld verdienen muss, wenn ein Handelskonzern ein Billigangebot macht. Das heißt: Die größte Lenkungswirkung hat der Verbraucher. Wenn der Verbraucher morgen sagt ,Ich kaufe dieses Billigfleisch nicht mehr‘, dann wird es auch nicht mehr produziert.

Neue Osnabrücker Zeitung: Also ist der Verbraucher schuld?

Dr. Christian von Boetticher: Nein. Natürlich spielt auch die Handelskonzentration eine große Rolle. Es gibt nur noch fünf große Handelsunternehmen. Diese können den Preisdruck, der von der Schnäppchenjagd des Verbrauchers ausgeht, direkt an die Produzenten weitergeben. Der Händler kann sich unter Hunderten von Herstellern auf dem europäischen Markt einen aussuchen. Und wenn man das nicht zu seinem Billigpreis liefert, wird eben der nächste genommen.

Neue Osnabrücker Zeitung: Und wie löst man dieses Problem?

Dr. Christian von Boetticher: Jedenfalls nicht mit einem Patentrezept. Es ist mühselig, den Verbraucher aufzuklären. Die Handelskonzerne sind nun mal fünf. Da ist das Kind lange in den Brunnen gefallen. Weil die Politik nicht reagiert hat, weil das Kartellamt nicht reagiert hat, haben wir da jetzt nur noch fünf große Protagonisten. Und jetzt wird versucht, das Pferd von hinten aufzuzäumen und beim Produzenten beziehungsweise der Landwirtschaft in Deutschland anzufangen. So funktioniert aber Marktwirtschaft in einem EU-Binnenmarkt nicht, weil der Handel auch auf ausländische Hersteller ausweichen kann.

Neue Osnabrücker Zeitung: Wie kann es dann gelingen?

Dr. Christian von Boetticher: Wir müssen über Spielregeln reden. In der Fleischwirtschaft wird viel mit ausländischen Arbeitnehmern gearbeitet. Das ist bei uns in der Müsli-Branche ganz anders. Wir haben kaum Werkverträge, ausgenommen von Gebäudereinigung und Logistik. Die ganze Kernarbeit wird von angestellten Mitarbeitern gemacht. Das ist in der Fleischwirtschaft aufgrund des geschilderten Preisdrucks anders. Außerdem findet man fast niemanden in Deutschland, der in diesen Schlachthöfen arbeiten will. Das hat nichts damit zu tun, dass die Bezahlung schlecht ist – auch dort wird Mindestlohn, meist sogar deutlich mehr gezahlt –, sondern es ist die Härte der Arbeit. Wir sind also dort, genauso wie in der Landwirtschaft bei der Ernte, auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen.

Neue Osnabrücker Zeitung: Das erklärt aber noch nicht, warum diese Arbeiter zu Hunderten in Mietskasernen – man muss es so sagen – gehalten werden.

Dr. Christian von Boetticher: Na ja, 1500 Wohnungen für 5000 Werksvertragskräfte ist ein besseres Verhältnis, als ich es mit den Acht-Mann-Stuben noch von der Bundeswehr kenne. Das Problem sind einige Subunternehmen, die diese Leute aus anderen Ländern anwerben. Da gibt es seriöse, aber offenbar auch welche, die versuchen, diese Arbeiter auszubeuten. Die ihnen einen Teil dessen, was sie verdienen, wieder in Rechnung stellen und sie damit abzocken wollen. Denen muss das Handwerk gelegt werden. Das sind bis ins Kriminelle hineingehende Organisationen. Da wundert es mich wirklich, dass die Fälle, die jetzt öffentlich geworden sind, nicht bei der Staatsanwaltschaft liegen.

Neue Osnabrücker Zeitung: Halten Sie denn ein generelles Verbot von Werkverträgen in der Fleischwirtschaft für sinnvoll?

Dr. Christian von Boetticher: Nein. Ein Werkvertrag ist erst einmal ein ganz normaler Vertragstypus. Wenn Ihr Verlag die Reinigung outsourct, dann schließt der Verlag mit diesem Unternehmen einen Werkvertrag. Jetzt kann der Gesetzgeber nicht hingehen und sagen, dass nur eine Branche keine Werkverträge schließen darf. Das geht schon rechtlich nicht.

Neue Osnabrücker Zeitung: Was lässt sich dann machen?

Dr. Christian von Boetticher: Man kann für bestimmte Bereiche rechtliche Rahmen setzen. Darüber muss diskutiert werden. Eine Lösung wäre zum Beispiel, dass ein Arbeitnehmer über einen Werkvertrag mit einem Subunternehmen nur eine bestimmte Zeit einen fest angestellten Arbeitnehmer ersetzen darf. Ähnliche Vorgaben gibt es beim Einsatz von Leiharbeitern. Also muss die Politik die Rahmenbedingungen beschreiben. Aber Werkverträge komplett abzuschaffen ist völliger Schwachsinn.

Neue Osnabrücker Zeitung: Muss sich die Fleischindustrie selbst Rahmenbedingungen setzen, um die schwarzen Schafe auszusortieren?

Dr. Christian von Boetticher: Sehr spannend wird ja jetzt sein, ob der Verbraucher auf diese ganze Debatte reagiert. Da ist natürlich auch ein bisschen Hoffnung – denn wenn die Regierung jetzt sagt, wir gehen gegen diese Subunternehmer vor oder die Arbeit dürfen nur noch Festangestellte verrichten, wird die Fleischproduktion ausschließlich in Deutschland teurer. Die nächste Frage ist dann: Kann ich diese Mehrkosten verteilen? Und da sind wir als Produzenten sehr skeptisch. Wir kennen es schon, dass die Produktion immer mehr Auflagen bekommt und die Kosten bei uns hängen bleiben. Die bleiben nicht beim Handel hängen, der sich notfalls einfach neue Lieferanten im Ausland sucht. Und der Verbraucher zahlt auch nicht mehr.

Neue Osnabrücker Zeitung: Ist der Verbraucher am Ende vielleicht nicht doch bereit, mehr zu bezahlen?

Dr. Christian von Boetticher: Wir sind an einem europäischen Markt beziehungsweise einem Weltmarkt. Wenn in Deutschland Produktionspreise steigen, dann kommt sofort ein Anbieter aus Dänemark oder Holland oder aus Frankreich oder Spanien und sagt dem Handel: ,Wenn dein deutscher Hersteller zu teuer ist, dann komm zu mir. Die ganzen Auflagen, die ihr da national macht, die gibt es bei uns nicht.‘

Neue Osnabrücker Zeitung: Das klingt wenig optimistisch. . .

Dr. Christian von Boetticher: Wir brauchen in einem europäischen Binnenmarkt europäische Spielregeln. Wenn wir diese Regeln nur national umsetzen, haben wir am Ende nur eine Marktverdrängung ins Ausland. Wir brauchen gemeinsame Standards in Europa, sonst verliert der deutsche Schlachtbetrieb.

Neue Osnabrücker Zeitung: Und wie kann der Verbraucher jetzt handeln?

Dr. Christian von Boetticher: Das Wichtigste ist, dass ich mir angucke, ob ich eine regionale Wertschöpfungskette habe. Wenn der Verbraucher bereit ist, für ein frisch geschlachtetes Stück Fleisch mehr Geld auszugeben, dann ist mehr Geld in der Wertschöpfungskette, und es können auch die Mitarbeiter einer Schlachterei besser bezahlt werden. Wenn die Verbraucher, die es sich leisten können, damit anfangen würden, wäre schon eine ganze Menge gewonnen.

Neue Osnabrücker Zeitung: Ist dafür nicht eine verpflichtende Herkunfts- und Haltungskennzeichnung für Fleischprodukte nötig?

Dr. Christian von Boetticher: Wir haben jetzt das Tierwohllabel auf freiwilliger Basis eingerichtet. Das ist ein guter Weg. Man muss gucken, ob der Verbraucher darauf reagiert.

Zuerst erschienen ist das Interview am 06.07.2020 in der Neuen Osnabrücker Zeitung. Die Veröffentlichung hier erfolgte nach Genehmigung von Herrn Schönstedt.