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"Die Schienenbrücke steht und nimmt weiter Fahrt auf"
17.03.2022
Innerhalb weniger Tage hat die Deutsche Bahn eine Schienenbrücke in die Ukraine aufgebaut, um Hilfsgüter von Deutschland ins Kriegsgebiet zu befördern. Auf diesem Weg werden per Lastwagen und Güterzug Tausende Tonnen Lebensmittel, Trinkwasser und Sanitärartikel direkt zu den Menschen gebracht. Im Interview berichtet Dr. Sigrid Nikutta, welche Räder dafür ineinander spielen und wie Unternehmen sich beteiligen können. Dr. Nikutta ist Teil des Vorstands Güterverkehr der Deutschen Bahn AG und Vorsitzende des Vorstands der DB Cargo AG.
BVE: DB Cargo hat ein Logistiknetzwerk eingerichtet, um den Menschen in der Ukraine zu helfen. Was hat es damit auf sich?
Sigrid Nikutta:
In der Nacht vom 10. zum 11. März hat der erste Güterzug der Schienenbrücke mit mehr als 350 Tonnen an Hilfsgütern den Rangierbahnhof in Seddin bei Berlin verlassen und sich auf seinen Weg über Polen in die Ukraine gemacht Wir haben es geschafft, innerhalb weniger Tage eine Schienenbrücke für die humanitäre Hilfe einzurichten. Wir nutzen dazu unser europäisches Schienen-Netzwerk. Hier zeigt sich der Systemvorteil der Schiene in bester Weise. Bis zu 3.000 Tonnen Lebensmittel, Trinkwasser, Medikamente und Sanitärartikel kann ein einziger Güterzug direkt in die Krisengebiete bringen. Ein Güterzug ersetzt dabei bis zu 52 LKW. Die Logistikteams von DB Cargo und DB Schenker arbeiten Hand in Hand. Die DB-Schienenbrücke steht und nimmt weiter Fahrt auf.

© Deutsche Bahn AG / Mario Arnold
BVE: Was hat Sie dazu bewogen, diesen Schritt zu gehen?
Sigrid Nikutta:
Als die ersten Nachrichten über den Angriff kamen, war es für mich, für meine Kolleginnen und Kollegen im DB-Konzernvorstand und im Cargo-Vorstand überhaupt keine Frage, ob wir helfen. Die Frage war nur, wie können wir schnell und nachhaltig helfen. Wir erleben hier die größte menschliche Katastrophe in Europa seit dem 2. Weltkrieg. Darum haben wir die größte Hilfsaktion in der Geschichte der Deutschen Bahn angestoßen und arbeiten mit unseren europäischen Partnerbahnen hier Hand in Hand. Ob es um Vertriebene geht, die sicher und kostenfrei nach Polen und Deutschland fahren können – oder eben um Hilfsgüter, die wir derzeit kostenfrei ebenso in die Ukraine befördern.
BVE: Was sind dabei die Herausforderungen?
Sigrid Nikutta:
Herausforderung? Es ist Krieg, mitten in Europa. Wir merken aber, wie sehr der Schienengüterverkehr sich als robustes und verlässliches Netzwerk erweist, mit festen Regeln und Prozessen, die international und auch in Kriegszeiten gelten. Gleichzeitig müssen wir schnell, flexibel und empathisch auf sich immer wieder ändernde Bedingungen reagieren. Aber das Engagement und die Unterstützung der Kolleginnen und Kollegen der DB AG, der Feuerwehr, Polizei, der Hilfsorganisationen, der vielen Freiwilligen ist unglaublich. Wir geben alle unser Bestes, um die dringend benötigten Hilfsgüter schnellstmöglich in die Ukraine zu transportieren. Für die Verteilung der Güter in der Ukraine arbeiten wir eng mit den staatlichen Hilfsorganisationen vor Ort und mein Dank gilt hier besonders Tatjana Kiel, der Managerin der Klitschko-Brüder, die rund um die Uhr Hilfe organisiert.

© Deutsche Bahn AG / Volker Emersleben
BVE: Gibt es Möglichkeiten zur Kooperation bei den Spenden zwischen den Unternehmen der Ernährungsindustrie und DB Cargo?
Sigrid Nikutta:
Ja. Wir haben noch Platz auf unseren Zügen, in unseren Containern. Firmen und Großspender können über eine Hotline die zu spendende Fracht anmelden und wir koordinieren die Abholung, bevorzugt von Palettenware, am besten als Komplettladungen. Der Transport ist für Spenderinnen und Spender bis auf weiteres kostenlos. Die Hotline ist werktags (Montag - Freitag) von 8 bis 20 Uhr besetzt. Jedes Unternehmen der Ernährungsindustrie, was spenden möchte, kann sich gerne direkt über unsere Hotline
030/720220640 oder per E-Mail
schienenbruecke-ukraine@deutschebahn.com melden.