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„Die Pandemie hat gezeigt, wie vulnerabel die Lieferketten sind“

16.06.2021
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Anselm Elles, Geschäftsführer von der AFC Risk & Crisis Consult GmbH, ist auf dem Außenwirtschaftstag der Agrar- und Ernährungswirtschaft als Experte für das Themenforum „Lebensmittelsicherheit und Haftungsfragen bei Lebensmittelbetrug im Ausland“ eingeladen. Im Interview zeigt er die größten Risiken für den internationalen Handel mit Lebensmitteln auf, erklärt, welche Lebensmittel besonders anfällig für Lebensmittelbetrug sind und welche Absicherungsmöglichkeiten es gibt.

BVE: Worin bestehen derzeit die größten Risiken für den internationalen Handel mit Lebensmitteln?

Anselm Elles: Wir erwarten, dass es zunehmend ein Thema wird, inwieweit die Lieferkette Resilienz besitzt: Und zwar sowohl hinsichtlich Rohwarenverfügbarkeit als auch Logistik und der Authentizität und Integrität der Rohstoffe. Die Corona-Pandemie hat die Verlässlichkeit von Lieferketten infrage gestellt, da sie teilweise unterbrochen wurden. Im Bereich Logistik gab es beispielsweise Probleme bei Containern, die über Monate nicht verfügbar waren. Hinzu kommt der „Evergreen-Effekt“. Die kurzzeitige Lahmlegung des Suez-Kanals hat spürbare Auswirkungen auf den internationalen Handel.

BVE: Welche Lebensmittel sind besonders anfällig für Lebensmittelbetrug?

Anselm Elles: Das sind vor allem Lebensmittel, die mehrere Zutaten haben, also häufig höher verarbeitete Produkte. Hinzu kommen Lebensmittel, die eine lange Lieferkette aufweisen und wo Hersteller maßgeblich auf Rohstoffe aus Drittländern zurückgreifen müssen. Immer wieder stellen wir fest, dass in Drittländern manche Qualitätsstandards anders interpretiert werden als vereinbart. Betrugsversuche gibt es bei der Integrität des Produktes (ist auch wirklich das drin, was bestellt wurde) oder bei den Herkunftsangaben. Durch klimatische Verschiebungen oder Ernteausfälle kommt es beispielsweise zu Veränderungen in der Lieferkette, die nicht immer transparent kommuniziert werden.

BVE: Wir haben ein Jahr hinter uns, in dem die Corona-Pandemie vieles auf den Kopf gestellt hat. Wie hat sie den internationalen Handel verändert?

Anselm Elles: Die Pandemie hat gezeigt, wie vulnerabel die Lieferketten sind, angefangen bei der Logistik, über die Rohwarenverfügbarkeit, bis hin zur Ausstellung von Zertifikaten, weil Audits nicht stattfinden konnten. Dadurch haben wir eine Lücke in der Zertifizierung der Betriebe. Das führt dazu, dass vermehrt Qualitätsprobleme auftreten. Wenn ich mich auf Zertifikate von vor zwei Jahren verlassen muss, bekomme ich ein mögliches Problem erst mit, wenn das Produkt bei mir im Lager steht oder – noch schlimmer – wenn es bereits ausgeliefert wurde.

BVE: Gibt es bei den Risiken des Lebensmittelbetrugs Unterschiede zwischen dem Handel mit Ländern der Europäischen Union und Drittländern? Wenn ja, welche?

Anselm Elles: Die EU verfügt über ein Frühwarnsystem, das Rapid Alert System for Feed and Food (RASFF). Entsprechen der dort erhobenen Daten werden die größten Probleme aus Drittländern importiert. In der EU verfügen wir über ein sehr engmaschiges Kontrollnetzwerk und eine gute Rückverfolgbarkeit, während wir in Drittländern oftmals eine fehlende Sensibilität für europäische Qualitätsstandards feststellen. Trotzdem müssen wir festhalten, dass der Pferdefleischskandal ein reines EU-Problem war. Ebenso wie Fipronil. Deswegen kann man nicht einfach mit dem Finger auf die „bösen Drittländer“ zeigen.

BVE: Welche Absicherungsmöglichkeiten empfehlen Sie?

Anselm Elles: Wir raten zu Vorsicht und verstärkter Kontrolle bei Spotmarkt- und Commodity-Käufen, weil es hier zu hoher Durchmischung kommen kann. Außerdem sollte man Konzepte mit den Partnern entlang der Lieferkette aufbauen. Dadurch ergeben sich Transparenz, Kontinuität und Verlässlichkeit. Generell sollte man die Einhaltung von Spezifikation und Deklaration überprüfen sowie engmaschig die Audits und Zertifizierungen durchführen.

BVE: Vielen Dank für das Interview, Herr Elles!

Weitere Informationen zum Außenwirtschaftstag der Agrar- und Ernährungswirtschaft finden Sie hier.

Der Außenwirtschaftstag der Agrar- und Ernährungswirtschaft wird gefördert durch die Landwirtschaftliche Rentenbank.